MUKOinfo 3/25 - Dialog zwischen den Generationen

Miriam: Uih, das ist eine wirklich schwere Frage. Ich glaube eher, dass es umgekehrt ist – dass es gut war, dass ich z. B. nicht wusste, dass ich so alt werde. Das hört sich bestimmt komisch an, und ich war auch nie jemand, der gedacht hat: „Nächstes Jahr gibt’s mich nicht mehr.“ Aber trotzdem war meine Vorstellung von Zukunft, dass in allen schlechten Phasen und wenn ich sterbe, meine Mutter an meiner Seite sein wird. Ich würde bis zum Ende zu Hause wohnen und von meiner Familie versorgt werden. Auch über finanzielle Dinge brauchte ich

mir damals keine großen Sorgen ma chen. All diese Ängste – also: Wer steht mir bei? Kann ich das Haus halten, wenn meine Eltern nicht mehr sind? Muss ich ins Pflegeheim? – und vieles mehr, all diese Ängste sind jetzt erst „freige schaltet“. Als ich mit einer Muko-Freundin über diese Frage gesprochen habe, erzählte sie mir, dass sie gerne gewusst hätte, dass sie älter als 28 Jahre werden könn te. Das war damals die älteste Patientin, die sie gekannt hatte – und das hat ihr, vor allem je näher sie den 28 Jahren kam, viel Angst gemacht.

Aber zu den Vorteilen des Älterwerdens zählt sicherlich, mit Abstand zurück- zublicken. Meine Jugend war zwar einerseits gezeichnet von vielen Klinik- aufenthalten, andererseits gab es auch eine starke Gemeinschaft zwischen uns Mukos auf Station, echte Freundschaft. Das möchte ich jedenfalls nicht missen. Freunde zu haben, denen ich nicht viel erklären muss, ist ein sehr erfüllendes Gefühl, welches ich Euch und allen an deren jüngeren Mukos wünsche zu erle ben, denn es bereichert das Leben und trägt einen durch schlechte Zeiten.

Über ‚provokatives‘ Husten und Selbstbewusstsein Ein Gespräch zwischen Julius (26 Jahre, CF) und Anne (52 Jahre, CF)

wurde ihnen direkt gesagt, dass ich keine hohe Lebenserwartung habe. Aber nachdem ich mich mit der Behandlung gut entwickelt hatte, wurde es bei uns zu Hause entspannter. Meine Eltern achteten auf die Therapien – Enzyme, Inhalieren, Abklopfen – aber ansonsten war mein Alltag relativ normal. Rückblickend merke ich, dass einige Schulprobleme wahrscheinlich mit CF zu tun hatten, wie zum Beispiel die häufigen Toilettenbesuche. Ich wurde deshalb gehänselt und sogar mal wegen „provokativem Husten“ aus dem Unter richt geworfen. Und das Equipment da mals – mein Inhaliergerät wog bestimmt fünf Kilo! Ich musste eine extra Reiseta sche dafür mitnehmen. Ganz zu schwei gen von dem Glaskasten, in den ich als Baby zum Inhalieren gelegt wurde.

Wenn ich die heutigen kleinen, mobilen Geräte sehe, bin ich echt beeindruckt.

Julius: Wie würdest Du sagen – hat sich der allgemeine Umgang mit CF über die Jah re verändert? Anne: Absolut. Vieles, was heute Standard ist, war damals schlicht nicht bekannt – z. B. Pseudomonas oder Hygienemaß nahmen in Schulen. Es gab damals auch keine festen Vorgaben, was einerseits unkomplizierter, aber auch gefährlicher war. Heute finde ich toll, dass CF bekannter ist und dass es ganz selbstverständlich Unterstützung gibt – z. B. in der Schule oder im Job. Und ich erlebe, dass Be

Julius: Liebe Anne, Du bist 1973 geboren – da hat sich seit Deiner Kindheit ja enorm viel in der Behandlung von Mukoviszido se getan. Wie war das damals für Dich, als Du in den 70er- und 80er-Jahren mit CF aufgewachsen bist? Anne: Für mich war das damals ganz normal – ich kannte es ja nicht anders. Für meine Eltern dagegen war es sicher eine riesi ge Herausforderung. Nach der Diagnose

13 Schwerpunkt-Thema: Dialog zwischen den Generationen

Made with FlippingBook. PDF to flipbook with ease