MUKOinfo-Ausgabe 2/25: Mentale Gesundheit bei CF
Mentale Belastungen nach 50 Jahren Leben mit Mukoviszidose Zwei individuelle Blicke auf die Herausforderungen
Insa und Miriam leben seit über 50 Jah ren mit Mukoviszidose/CF und sind beide seit elf Jahren lungentransplantiert. Sie blicken zusammen auf die vielen Aspek te, die bei chronisch kranken Menschen, insbesondere bei Mukoviszidose/CF, eine Rolle spielen. Wir waren von Anfang an wirklich kranke Mukos mit häufigen Krankenhaus-Auf enthalten, Einschränkungen, Rehas und enormen Therapiebedarf. In 50 Jahren sammelt sich einiges an und wir hätten noch viel mehr schreiben können. Des wegen haben wir uns entschieden, die ses Thema als Aufzählung abzuhandeln, ohne zu viele Erklärungen einzubringen. Dies sind unsere Erfahrungen – und nicht alles trifft auf alle Mukos zu Beginnen wir mit den mentalen Belastun gen durch die Mukoviszidose und deren Folgen selbst: » E ine chronische, nicht heilbare Krank heit, die in unserer Kindheit und Jugend eine kurze Lebenserwartung vorhersah (außerdem bedeutet eine solche Erkrankung immer Stress für den Körper) » Neben- und Folgeerkrankungen » N ebenwirkungen der Medikamente (niemand weiß, wie sich 20 verschie dene Medikamente gegenseitig beein flussen) » L angzeitfolgen, die gar nicht klar sind (40 Jahre Dauermedikation mit Korti son und Antibiotika) » E inige Medikamente wie z.B. Antibio tika oder Immunsuppressiva beein flussen die Psyche » J etzt neu: Wechseljahre und altersbe dingte Erkrankungen
» I mmer wieder neue Herausforderun gen oder Komplikationen (z. B. Leben nach der Lungentransplantation mit anderen/neuen Anforderungen und Ängsten) » N ach Verschlechterungen oder zum Teil lebensbedrohlichen Phasen wie der auf die Beine kommen, körperlich und mental » N ie therapiefrei haben, egal ob Ur laub, Wochenende, Geburtstag » B elastende Fragen: Was ist, wenn kein Ende einer schlechten Phase in Sicht ist? Was, wenn es keine weiteren Be handlungsoptionen mehr gibt? Das sind Sachen, die zumindest zum Teil objektiv belegt sind, im Arztbrief als Diagnose stehen und/oder auch von Außenstehenden erkennbar sind. Aber dann gibt es noch den riesigen „Mental Load“, wie es so schön heißt. Vieles läuft auch im Unterbewusstsein und automatisiert ab. Wir müssen einfach an so vieles denken, organisieren, die Kon trolle behalten – selbst im Krankenhaus. Unser Kopf ist immer „an“. Dazu gehören folgende Aspekte: » M edis pünktlich nehmen (Rechtzeitig Rezepte ordern, mit Lieferengpässen klar kommen usw.) » H ygiene, zu Hause und vor allem un terwegs (ob Klinik- oder Hotelzimmer, immer wird erst geputzt) » U nendlich viele Termine organisieren und aufeinander abstimmen (Ärzte, Fachärzte, Ambulanzen, Krankenhaus, Vermittlung zwischen den Fachberei chen, Physio, Krankenkasse, Pflege und „natürlich wie bei allen anderen auch“ das normale Leben mit Haushalt, Familie, Freundeskreis, Arbeit) – plus:
regelmäßig alles wieder umplanen, weil Praxen oder Kliniken Termine verschieben » V orbereitung der Termine: Verordnun gen, Überweisungen, Einweisungen, Transporte, Transportscheine, Atteste organisieren. Außerdem der „was möchte ich besprechen“-Zettel und die Mappe mit den aktuellen und entscheidenden Befunden für die entsprechende Fachrichtung » N achbearbeitung der Termine: Be scheinigungen, Befunde, Arztbriefe etc. kopieren, weiterleiten an alle anderen im Behandlungsteam » W arten (ist oft sehr viel verschenkte Lebenszeit) in Telefon-Warteschleifen, in Wartezimmern, Krankenhausbetten, auf Lieferungen oder Mails, Unter suchungsergebnisse oder auch das Spenderorgan » B ürokratische Arbeit mit Behörden und der Krankenkasse: Einreichungen, Anträge, Ablehnungen, Einsprüche, bis hin zu Klagen » G eduld, sehr viel Geduld! (Siehe oben!) Auch Geduld mit sich selbst haben, während oder nach einer Krise. » I mmer wieder Diskussionen und Er klärungen (ob im Restaurant oder im Krankenhaus), Gaslighting und Ableis mus » E ntscheidungen treffen für das medi zinische Vorgehen und das Bedenken der möglichen Folgen (auch bei allen anderen Entscheidungen im Leben wurde/wird die Erkrankung miteinbe zogen – egal ob Ausbildung, barriere arme Wohnung oder Urlaub ...) » E igene Ansprüche erfüllen oder die Erwartungshaltung von außen (z. B. dankbar sein, auch in Situationen, in denen einfach alles blöd ist)
Schwerpunkt-Thema: Mentale Gesundheit bei CF 10
Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online