MUKOinfo-Ausgabe 2/25: Mentale Gesundheit bei CF

Was tun, wenn die Seele leidet? Psychische Belastungen bei Mukoviszidose erkennen und begegnen

Psychosoziale Belastungen und Bewältigungsanforderungen

Man wacht morgens auf und weiß: Noch bevor ich richtig durchstarten kann, wartet ein ganzer Berg an Aufga ben auf mich – Inhalationen, Tabletten, Physiotherapie. Während andere schon beim Frühstück sitzen oder sich über- legen, was der Tag bringen könnte, wird noch mit der Krankheit verhandelt, ob heute ein guter oder ein schlechter Tag wird. Mukoviszidose heißt, nie einfach abschalten zu können – und das nicht nur körperlich. Die ständige Präsenz der Erkrankung schleicht sich auch in Gedanken, Gefühle und Beziehungen. Tägliche Therapien, ungewisse Prog nosen und permanente Auseinander setzung mit der eigenen Gesundheit sind für Betroffene wie Angehörige eine enorme Belastung. In den letzten Jahren rückt dabei ein Thema immer mehr in den Fokus: die mentale Gesundheit. für Menschen mit Mukoviszidose Studien zeigen: Menschen mit Muko viszidose und ihre Angehörigen haben ein zwei- bis dreimal höheres Risiko, an Depressionen oder Angststörungen zu erkranken als die Allgemeinbevölkerung (Goetz et al., 2021). Diese psychischen Erkrankungen beeinflussen dabei, was schon einschneidend genug ist, nicht nur das seelische Wohlbefinden, sondern auch den Krankheitsverlauf – durch geringere Therapietreue, weniger Selbstfürsorge und damit auch ver schlechterte körperliche Werte wie die Lungenfunktion. Zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko: Die Bedeutung psychischer Erkrankungen

akute Verschlechterungen oder Infektio nen unterbrochen werden, was zu einem anhaltenden Gefühl von Unsicherheit führt. Diese Unbeständigkeit erschwert die langfristige Lebensplanung und kann Zukunftsängste verstärken. Nicht selten erfordert dies eine wiederholte Anpas sung von Lebenszielen und -entwürfen an den jeweiligen Gesundheitszustand, was mit dem Verzicht auf ursprüngliche Vorstellungen einhergehen kann. Depression und Ängste als häufigste psychische Störungen Nicht jede psychische Belastung wird gleich zur Depression – aber Warnzei chen gilt es ernst zu nehmen. Psychische Erkrankungen äußern sich bei Mukoviszidose-Betroffenen oft schleichend. Zu den Warnzei chen zählen unter anderem: » A nhaltende Niedergeschlagen heit oder Reizbarkeit » R ückzug aus sozialen Kontakten » S chlafstörungen und Konzentra tionsprobleme » N achlassendes Interesse an Hobbys oder Aktivitäten » A ppetitlosigkeit und Gewichts verlust » V ernachlässigung der Therapie » S uizidgedanken- oder versuche Bei Angehörigen können sich psychische Belastungen durch Überforderung, Schuldgefühle oder Erschöpfung bemerkbar machen. Warnzeichen und Symptome Depressionen

Die Erkrankung bringt viele seelische und soziale Herausforderungen mit sich, die weit über die medizinische Behandlung hinausgehen. Der Alltag der Betroffenen ist durch aufwendige therapeutische Maßnahmen, regelmä ßige Medikamenteneinnahmen und häufige Arztkonsultationen geprägt, was ein hohes Maß an Selbstorganisati on und Disziplin erfordert. Insbesondere für Kinder und Jugendliche kann diese kontinuierliche Therapielast zu erhebli chem emotionalem Stress führen, da sie sich in ihrer Spontaneität eingeschränkt erleben und sich im Vergleich zu Gleich altrigen häufig als „anders“ wahrneh men. Die fortwährende Konfrontation mit der eigenen Erkrankung geht mit einer ständigen Auseinandersetzung mit der eigenen Verletzlich- und Sterblich keit einher – Aspekte, die für gesunde Gleichaltrige meist nicht relevant sind. Auch für Eltern und weitere Angehörige stellt die Erkrankung eines Familienmit glieds eine erhebliche psychosoziale Belastung dar. Neben der praktischen Unterstützung bei der Therapie sind sie gefordert, eigene Ängste und Sorgen zu bewältigen und gleichzeitig emotiona le Stabilität zu vermitteln. Besonders herausfordernd ist hierbei das Austari eren von notwendiger Fürsorge und der Förderung von Autonomie und Selbst ständigkeit. Die Unvorhersehbarkeit des Krankheits verlaufs stellt einen weiteren psycholo gischen Belastungsfaktor dar. Phasen relativer Stabilität können abrupt durch

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Schwerpunkt-Thema: Mentale Gesundheit bei CF

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