Mukoviszidose e.V. Wirkungsbericht 2019

Teil B: Angebote und Wirkungen

1.4.4 Essen oder Medikamente? – Finanzielle Engpässe machen eine lebensnotwendige Therapie unmöglich Das Leben mit Mukoviszidose ist teuer. Zuzahlungen für ver- schreibungspflichtige Medikamente, nicht verschreibungs- pflichtige Medikamente (z.B. Vitamine), Eigenanteil an The- rapien (Krankengymnastik) und Fahrtkosten belasten die Haushaltskasse. Dazu kommt ein erhöhter Aufwand bei der Ernährung, denn eine ausgewogene, kalorienreiche Ernäh- rung ist für Mukoviszidose-Betroffene besonders wichtig. Wenn von den Betroffenen oder ihren Angehörigen keine zusätzliche finanzielle Vorsorge betrieben worden ist, erhal- ten Betroffene aufgrund verminderter Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit oftmals nur eine geringe Rente. Diese muss dann auf Existenzminimum aufgestockt werden. Laut der besagten Studie zur finanziellen Situation von erwachsenen Patienten mit Cystischer Fibrose (CF) sind 20% der Betroffe- nen davon bedroht, in die Grundsicherung zu rutschen. Der durch Sozialgesetzbuch und Verordnungen festgeleg- te Satz zur Existenzsicherung reicht jedoch für einen CF- Betroffenen nicht aus, um die krankheitsbedingten, emp- fohlenen Maßnahmen auch finanzieren zu können. Zum Beispiel: Alleine der Anteil der Ernährung, die im Falle der Mukoviszidose als Teil der Therapie anzusehen ist, liegt bei erwachsenen Patienten bei bis zu 35% der monatlich verfügbaren Leistungen auf Arbeitslosengeld II-Niveau. Am Monatsende reicht es gerade für eine Tütensuppe In einer wissenschaftlichen Evaluation konnte der Muko- viszidose e.V. ermitteln, dass der finanzielle Mehrbedarf für Mukoviszidose-Patienten bei monatlich durchschnitt- lich 250 Euro über dem Grundsicherungsniveau liegt. Viele kompensieren dieses Defizit, indem sie sich finanziell von den Eltern (29%), Partnern (14,1%) sowie Freunden (5%) unterstützen lassen. Betroffenen ohne Unterstützer bleibt oft nichts anderes übrig, als ihre lebensnotwendige Therapie zu vernachläs- sigen. Nicht selten wird hier die Ernährung eingeschränkt, sodass die Betroffenen sich selbst schaden, denn eine ausgewogene, kalorienreiche Ernährung ist für Mukoviszi- dose-Betroffene besonders wichtig. Fahrten zur Physiothe- rapie oder der Ambulanztermin werden auf den nächsten Monat verschoben. Dies hat zur Folge, dass die Betroffe- nen in eine regelrechte Abwärtsspirale geraten und sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert. 1.4.5 Und was bringt die Zukunft? Jeder fünfte Betroffene ist heute nicht in der Lage zu sagen, wie sie/er in zwei Jahren ihren/seinen Lebensunterhalt be- streiten soll. Inwiefern die mit viel Hoffnung erwarteten neu- en CF-Modulatoren in der Lage sind, diesem Negativtrend entgegenzuwirken, wird die Zukunft zeigen.

Burkholderia cepacia können gegen mehrere Antibiotika- Gruppen resistent werden und schwere, chronische Lun- genentzündungen verursachen. Eine Keimbesiedlung der Lunge ist mit einem erheblichen Einfluss auf die Therapie-, aber auch auf das Sozialleben verbunden: » CF-Patienten sind gezwungen, regelmäßig intravenöse Antibiotikatherapien im Krankenhaus durchzuführen. » Notwendigemedizinische Untersuchungenmüssen von besonderen Hygienemaßnahmen begleitet werden. » Aufgrund der Gefahr einer Kreuzinfektion mit Pseudo- monas-Stämmen oder weiteren multiresistenten Kei- men meiden viele CF-Patienten den räumlichen Kontakt zu anderen CF-Patienten. » Für Patienten mit bestimmten Keimen (z.B. MRSA, Bur- kolderia) wird es immer schwieriger, an CF-Veranstal- tungen teilzunehmen. Es besteht die Gefahr, andere Patienten anzustecken. Sie können somit nicht von dem vermittelten Wissen profitieren und werden sozial isoliert, da sie nicht am persönlichen Erfahrungsaus- tausch teilhaben können. » Patientenmitmultiresistenten Keimen dürfen nicht oder nur unter gesonderten Bedingungen an klassischen Reha-Maßnahmen teilnehmen. 1.4.3 Eingeschränktes Berufs- und Arbeitsleben Erwachsene Mukoviszidose-Patienten haben durch die fortschreitende Erkrankung nicht nur gesundheitliche Pro- bleme zu bewältigen, auch in der Ausbildung und dem Er- werbsleben ergeben sich schwierige Situationen. Laut einer vom Mukoviszidose e.V. durchgeführten Eva- luation zur finanziellen Situation von erwachsenen Pa- tienten mit Cystischer Fibrose (CF) haben Betroffene im Vergleich zum Bundesdurchschnitt häufiger einen mittle- ren oder höheren Schulabschluss. Durch die fortschrei- tenden gesundheitlichen Probleme ist jedoch nur jeder vierte Betroffene in der Lage, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Dieselbe Studie brachte zutage, dass 16,9% der Befrag- ten ihre Ausbildung oder ihr Studium abgebrochen haben, einige begründeten dies mit der Verschlechterung ihres Gesundheitszustands. 38,2% arbeiteten in Teilzeit und 35,7% waren krankheitsbedingt nicht in der Lage, einen Beruf auszuüben. Die zunehmenden gesundheitlichen Probleme machen einen Jobwechsel problematischer als bei Gesunden. Laut Studie sehen sich mehr als die Hälf- te der Betroffenen durch die Mukoviszidose finanziell benachteiligt und sind der Meinung, dass das Leben mit Mukoviszidose insgesamt kostenintensiver ist. Dement- sprechend lebt noch etwa ein Drittel der Betroffenen bei den Eltern oder nahen Verwandten.

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Mukoviszidose e.V. | JAHRESBERICHT 2019

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