muko.info 2/2022 "Mit Mukoviszidose im Ausland leben"
In Kolumbien weitgehend unbekannt Einblicke in das dortige Gesundheitssystem
Juan kommt aus Kolumbien und ist seit ein paar Monaten in Deutschland, um hier seinen Doktor in Physik zu machen. Hier gibt er uns einen spannenden Einblick in die Mukoviszidose-Versorgung in Kolumbien.
Strukturen zu schaffen und ich hatte die Chance, von einer interdisziplinären Ambulanzgruppe behandelt zu werden. Leider wurde dieses Programm aufgrund von Budgetproblemen vor einigen Jahren gestrichen. Seitdem muss ich die Ärzte in verschiedenen Kliniken aufsuchen. In der Regel haben die Behandler auch keinen Kontakt zueinander, was die Versorgung kompliziert und nicht sehr effizient macht. Die meisten spezialisierten Einrichtun- gen für Mukoviszidose befinden sich in Bogota, der Hauptstadt Kolumbiens. Ich hatte das Glück, dort zu wohnen, aber ich kenne mehrere Patienten, die einen weiten Weg dorthin zurücklegen mussten, manchmal auf extrem anstren- genden Fahrten, wenn sie kein Auto be- saßen (was üblich war). Vergleichsweise gutes Gesundheits- system Kolumbien hat im Vergleich zu vielen anderen Ländern ein sehr gutes Gesund- heitssystem. Ich habe festgestellt, dass sich meine Behandlung dort nicht so sehr von der unterscheidet, die deutschen Mukoviszidose-Patienten verschrieben wird. Sie besteht in der Regel aus tägli- chen Inhalationen von MucoClear und Pulmozyme mit PARI-Verneblern, die vom Gesundheitssystem zur Verfügung gestellt werden. Bei Bedarf werden auch Antibiotika und Enzyme verabreicht. Was die Ernährung betrifft, so werden Nahrungsergänzungsmittel wie Scandis- hake, Ensure und ProWhey verschrieben. Diese Nahrungsergänzungsmittel wer- den ebenfalls vom öffentlichen Gesund- heitssystem übernommen. Manchmal
war es für mich auch möglich, zu Hause eine IV-Therapie durchzuführen. Früher war ich während einer IV-Therapie „zu Hause hospitalisiert“ und alle zwölf Stunden kam eine Krankenschwester zu mir nach Hause, um die nächste Dosis zu injizieren. In meinen letzten beiden Jah- ren in Kolumbien war dies jedoch nicht mehr möglich und ich musste für eine IV-Therapie ins Krankenhaus. Physiotherapie gibt es ebenfalls in Ko- lumbien. Meistens wird man von einem Physiotherapeuten unterstützt. Manche Ärzte verschreiben auch Geräte wie den Flutter. Vibrationswesten sind jedoch kein gängiges Hilfsmittel. Diese Therapi- en können entweder in einer Klinik oder bei den Patienten zu Hause durchgeführt werden. In meinem Fall habe ich beide Erfahrungen gemacht, und ich denke, dass es für den Patienten viel besser und sicherer ist, sie zu Hause durchzuführen. Keine CFTR-Modulatoren Die neuen CFTR-Modulatoren sind in Kolumbien leider nicht erhältlich. Bis heute gibt es nur eine Person im Land, die das neue Medikament einnimmt, und es wurde ihr nach vielen Kämpfen mit der Regierung und dem Gesundheitssys- tem zugestanden. Ich habe versucht, mit mehreren Pneumologen in meinem Land über dieses Medikament zu sprechen, aber keiner von ihnen war bereit, es mir zu verschreiben, weil es zu teuer war. Die Kosten für die medizinische Versor- gung werden von unserem öffentlichen Gesundheitssystem übernommen. Die Mitglieder dieses Systems müssen nur eine monatliche Gebühr zahlen, die pro-
Juan ist froh, jetzt in Deutschland zu sein. Er fühlt sich hier sehr wohl und wird auch von seinem Ärzteteam sehr unterstützt.
In Kolumbien ist das Neugeborenen- Screening nicht gut etabliert. Die meis- ten Diagnosen beruhen auf Symptomen. Da viele Menschen mit Mukoviszidose schon in einem sehr frühen Stadium Symptome entwickeln, wird eine Groß- zahl von Patienten bereits in den ersten Lebensjahren diagnostiziert. Es gibt jedoch auch einige späte Diagnosen, wie bei mir auch. Bei mir wurde zunächst angenommen, dass ich starkes Asthma habe oder eine Allergie gegen kaltes Wetter. Erst als ich 17 Jahre alt war und eine schwere Lungenentzündung hatte, wurde bei mir Mukoviszidose diagnosti- ziert. Da das Neugeborenen-Screening wichtig für die CF-Versorgung ist, wird dessen Einführung auch in Kolumbien gefordert. Keine interdisziplinären CF-Zentren und weite Wege Leider gibt es in Kolumbien kaum inter- disziplinäre CF-Zentren. Es gab wohl Versuche, solche interdisziplinären
18 Schwerpunkt-Thema: Leben mit Mukoviszidose im Ausland
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