muko.info 2/2022 "Mit Mukoviszidose im Ausland leben"

Regress der Krankenkasse bei kleinen Fehlern Warum Apotheker die „Retaxation“ fürchten

Die Retaxation ist ein besonderes Regressverfahren der gesetzlichen Krankenkassen gegen Apotheker: Die Kranken- kasse verweigert die Erstattung eines Arzneimittels, das die Apotheke bereits an den Patienten abgegeben hat, weil bei der Abgabe Fehler passierten. Die Krankenkasse „retaxiert“ das Rezept dann auf Null Euro, und dem Apotheker werden seine Ausgaben nicht erstattet. Die online verfügbare Arbeitshilfe 'Rezept-Check' des Deutschen Apotheken- Portals (DAP) erklärt die vielen Fallstricke. An einer ordnungsgemäßen ärztlichen Verordnung mangelt es z.B. auch bei kleinen Fehlern wie Fehleingabe der Arznei- mittel-Rabattverträge oder Fehlabgabe im Rahmen der „aut idem“-Verordnung von Ärzten. Betroffen sind somit in aller Regel Fälle, in denen der Patient durchaus das korrekte Medi- kament erhalten hat. Häufige Gründe für Retaxierungen sind auch fehlende Arztunterschriften oder Gültigkeitsüberschrei- tungen: Schon eine fehlende Arztunterschrift löscht gemäß den meisten Arzneimittelversorgungsverträgen den Erstat- tungsanspruch gegenüber der Krankenkasse komplett. Aber auch wenn das Ausstellungsdatum fehlt oder die Ausstellung des Rezepts mehr als vier Wochen zurückliegt, droht Retaxa- tion. Weitere wichtige Informationen sind die Versicherten- nummer sowie der Versichertenstatus (Mitglied, Kind usw.), der als vierstellige Nummer verschlüsselt wird. Die Angaben zur geleisteten Zuzahlung auf dem Rezept müssen mit dem Gebührenstatus des Versicherten (zuzahlungspflichtig oder befreit) übereinstimmen, unabhängig davon, was in der Kun- dendatei der Apotheke eingetragen ist. Eine Arbeitshilfe des Deutschen Apotheken-Portals erklärt die vielen Fallstricke. Um welche Beträge geht es? Retaxationen kosten eine einzelne Apotheke pro Jahr laut einer Umfrage im Durchschnitt über 3.000 Euro und die Kasse profitiert davon: Obwohl die Leistung erbracht ist, entstehen ihr keine Kosten. Nach einem Sozialgerichts-Urteil (S 30 KR 4015/09) darf die Kasse sogar die Zuzahlung des Patienten behalten. Der Apotheker kann Einspruch gegen eine Retaxa- tion einlegen, was zu einer komplizierten Prüfung führt, nach der erfahrungsgemäß 10–20% der Retaxationen zurückge- nommen werden. Die Retaxation kann für Apotheken aber sehr gefährlich werden, wenn es sich um teure Arzneimittel

Der Check, ob das Rezept korrekt ausgestellt ist, ist gleichermaßen wichtig für Patienten und Apotheker.

handelt: Stellen wir uns nur einmal eine Quartalslieferung Kaftrio/Kalydeco aufgrund eines Rezepts vor, das bereits mehr als 28 Tage alt ist: Der Apotheker würde auf 68.000 Euro Kosten sitzen bleiben! Ein solcher Verlust würde die Gewinnspanne der Verdienste durch den Verkauf des Medi- kaments um ein Vielfaches überschreiten. Mitarbeiter in Apotheken werden bei Rezepten für CFTR-Modulatoren des- halb nervöser als wir Patienten selbst und dafür sollten wir Verständnis haben. Der Mukoviszidose e.V. möchte Ärzte und Patienten für diese Sorgen sensibilisieren: Im Sinne unserer Apotheken sollten wir immer einen prüfenden Blick auf CFTR-Modulatoren-Rezepte werfen: Ist das Rezept voll- ständig und korrekt ausgefüllt, ist die Arztunterschrift vor- handen, und ist das Rezept nicht älter als vier Wochen? Das kann der Apotheke teure Retaxationen ersparen, sie bleibt aber natürlich in Summe verantwortlich für den gesamten Prozess der Medikamentenabgabe und -abrechnung.

Stephan Kruip für den Bundesvorstand

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