muko.info 4/2022 Transplantation bei Mukoviszidose
Sehr schwer kranke Mukoviszidose-Patienten warten auf eine neue Lunge, manchmal viele Monate lang. Früher lief das nach dem „first come – first served“-Prinzip: Wer am längsten gewartet hatte, bekam die Lunge transplantiert. Seit 2011 werden die Lungen in Deutschland nach dem Lung Allocation Score (LAS) sozusagen mathematisch verteilt. Wie funktioniert das? Wer bekommt die nächste Lunge? Das Verteilsystem „Lung Allocation Score“ (LAS)
Wie funktioniert der LAS? Die Vermittlung der Organe erfolgt lt. § 12 Abs. 3 Satz 1 Transplantations gesetz nach Erfolgsaussicht (Wahr scheinlichkeit für eine längerfristig ausreichende Transplantatfunktion) und nach Dringlichkeit (Wahrscheinlichkeit, dass der Patient auf der Warteliste sterben würde). Im Dezember 2011 wurde die Zuteilung (Allokation) der Spenderlungen für Transplantationen auf den „Lung Allocation Score” (LAS) umgestellt, der in den USA bereits im Einsatz war und das Ziel verfolgt, die zu wenigen Lungen zumindest mit dem größtmöglichen Nutzen zu verwenden. Der LAS bewegt sich zwischen 0 und 100 Punkten, eine höhere Punktzahl bedeutet höhere Dringlichkeit und hö here Nutzen-Wahrscheinlichkeit für das Überleben nach Tx. Er wird berechnet als Differenz von Wahrscheinlichkeiten (Wartelistenrisiko – Post-OP-Sterberi siko) und soll den Gesamtnutzen der begrenzt vorhandenen Lungen optimie ren. Beide Wahrscheinlichkeiten werden aufgrund aktueller medizinischer Daten „berechnet“. Typische Werte, bei denen ein Organ zugeteilt wird, liegen bei ca. 40 von 100 Punkten (Kinder bis zwölf bekommen automatisch einen LAS von 100, werden also bei geeigneter Or gangröße bevorzugt. Allerdings ist die Anzahl verfügbarer Organe aufgrund der Größe auch deutlich geringer). Die Be rechnung erfolgt durch Eurotransplant entsprechend der Richtlinie zur Organ transplantation der Bundesärztekam mer. Demnach erfolgt die Zuteilung zu nächst nach Größe und Blutgruppe. Gibt es dann mehrere geeignete Empfänger,
Jennifer Bras: „Je schlechter es mir geht, desto ungeduldiger werde ich, ich möchte doch leben. Wenn man dann hört, dass andere sterben, hat man umso mehr Angst, nicht rechtzeitig ein neues Organ zu bekommen.“ Motiv aus der Plakatkampagne der damaligen Stiftung „Fürs Leben“ aus dem Jahr 2014.
Für die Lungen-Transplantation (Tx) gibt es ein kritisches Zeitfenster: Wer noch „zu gesund“ ist, sollte noch nicht trans plantiert werden, weil die neue Lunge eine begrenzte Funktionszeit hat. Wer aber zu lange warten musste, dessen Muskeln sind so stark abgebaut und der Körper durch Sauerstoffmangel so ent kräftet, dass auch mit neuer Lunge kein guter Gesundheitszustand mehr erreicht werden kann. Die Situation vor Einführung des LAS Die Zahl der Organspenden ging zurück, und da die wenigen Lungen nicht für alle bedürftigen Patienten reichten, wurde die Warteliste immer länger, und die durchschnittliche Wartezeit erreichte zwölf Monate. Immer mehr Patienten
wurden deshalb als besonders dring lich eingestuft, um ihre Wartezeit zu verkürzen. Gab es mehrere geeignete Empfänger für ein Organ in einer Dring lichkeitsstufe, wurden sie nach Warte zeit vergeben, d.h. an die Person, die am längsten gewartet hatte. Bei dieser Regelung starben ca. 20% der Patienten auf der Warteliste, bevor ein Organ für sie verfügbar war. Und die glücklichen Empfänger der Organe waren nach der langen Wartezeit schon so krank, dass sie nach der Tx nicht sehr lange mit dem Organ lebten, d.h. das Spenderorgan war nicht optimal „genutzt“ worden. Der Anteil der Transplantierten, die ein Jahr nach der OP noch lebten, war deshalb bei deutschen Patienten vor 2012 niedri ger als im internationalen Durchschnitt.
Schwerpunkt-Thema: Transplantation 10
Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online