Mukoinfo_03_2023_Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

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MUKO in ƒ o Ausgabe 3|2023 Das Magazin des Mukoviszidose e.V.

Schwerpunkt-Thema Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Vertex schafft neue Möglichkeiten im Bereich der Medizin, um das Leben der Menschen zu verbessern.

Wir arbeiten mit führenden Forschern, Ärzten, Sachverständigen für öffentliche Gesundheit und anderen Experten zusammen, die unsere Vision teilen: das Leben von Menschen mit schweren Krankheiten, ihrer Familien und der Gesellschaft zu verbessern. Besuchen Sie uns auf www.cfsource.de

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Bild links: Patientenportal MUKOme Bild rechts: Am letzten Augustwochenende fand der 16. Muko-Spendenlauf in Hannover statt. Dabei kam in diesem Jahr eine beachtliche Spendensumme von 27.947 Euro zusammen. Foto: Helge Krückeberg

Aus der Redaktion

November 2023: Mit dem neuen Patientenportal MUKOme bietet der Mukoviszidose e.V. CF-Patienten Zugang zu ihren Gesundheitsdaten im Mukoviszidose-Patientenregister. Wie Sie über ihre Ambulanz auch einen Account erhalten, erfahren Sie auf den Seiten 22–25. September 2023: Der Mukolauf von Insa Krey in Hannover am 27. August ist wieder ein Erfolg. 237 Läufer sind am Start und drehen 5.409 Runden. Dank einer privaten Großspende gibt es das beste Spendenergebnis aller bisherigen Muko-Spenden läufe. Die Redaktionsmitglieder Ingo Sparenberg und Stephan Kruip drehen beim Leipziger Mukolauf am 17. September, Stephan auch beim Mukolauf in Wald am 23. September 2023, ihre Runden und sammeln Spenden für den Mukoviszidose e.V. Danke an alle Organisatoren, Helfer, Läufer und Spender, die solche Läufe jedes Jahr wieder möglich machen! September 2023: Vielleicht haben Sie es schon bemerkt – wir haben unseren Titel in MUKOinfo geändert – der Punkt ist weg, und MUKO wird jetzt groß geschrieben. Diese Schreib weise werden wir für alle unsere Angebote übernehmen. An dem blauen „MUKO“ im gleichen Farbton wie das Vereinslogo erkennen Sie in Zukunft die Projekte des Mukoviszidose e.V., egal ob Patientenregister MUKOweb, Patientenportal MUKOme oder die Ambulanz-Zertifizierung MUKOzert.

6. – 10. Juni 2023: CF-Selbsthilfevereine aus ganz Europa treffen sich in Wien, anschließend tagt die Europäische CF-Gesellschaft ECFS. Redaktionsmitglied Stephan Kruip ist einer der vielen deutschen Teilnehmenden, wir berichten auf den Seiten 21 (CF Europe) und 30–32 (ECFS). Juni 2023: In Bremen und Frankfurt werden CF-Ambulanzen umstrukturiert, was Patienten und Eltern Sorgen bereitet. In diversen Zoom-Konferenzen beschäftigen sich Aktive des Mukoviszidose e.V. mit der Situation. Aus den Details auf Seite 29 wird eines klar: Im Klinikalltag brauchen wir auf Dauer eine schlagkräftige Vertretung unserer Interessen! 2. Juni 2023: Die Redaktion von muko.info tagt als Zoom-On linekonferenz. Auf den Seiten 6 bis 18 finden Sie viele Gedan ken zu unserem Schwerpunktthema „Hilfe, mir geht es gut!“ – Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen.

Für die Redaktion

Stephan Kruip Bundesvorsitzender des Mukoviszidose e.V. Redaktionsleitung MUKOinfo

Marc Taistra Redaktionsleitung MUKOinfo

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Editorial

Das finden Sie in diesem Heft

Schwerpunkt-Thema Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen 16 Die Psyche in Zeiten der Modulatortherapie 18 M odulatortherapie – Veränderungen bei Sozialleistungen? 10 Leserbriefe Vorschau Leserbriefaufrufe 20 M UKOinfo 4/2023 – Grenzen überwinden trotz Mukoviszidose 20 M UKOinfo 1/2024 – Kindergarten und Mukoviszidose Unser Verein 21 CFE-Jahreshauptversammlung in Wien 22 E inblick in persönliche Gesundheitsdaten Gesundheitspolitik 26 Wissenschaft meets Praxis 29 Umstrukturierungen sorgen für Ängste Wissenschaft 30 H ighlights der europäischen CF-Konferenz 2023

Ihr gutes Recht 36 M odulatortherapie – Rückkehr ins Erwerbsleben

CF-Life-Hacks 37 Hygiene mit Magnetkraft

Mein Leben mit CF 38 Die Sache mit dem Essen 40 A tme bis zum letzten Atemzug! Kurz vor Schluss 41 Buchvorstellung: Doktor Draußen Persönlich 42 Unfreiwilliger Aufbruch – Interview mit einer ukrainischen Patientin

cf research news 34 Neuigkeiten aus der Forschung

ID-Nr. 23150975

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Inhaltsverzeichnis

Zurück in einen lebenswerten Alltag.

Nach einer Erkrankung ist es oft nicht leicht, den Weg zurück in den Alltag zu finden. Wir möchten Ihnen dabei helfen und einen Teil dieses Weges mit Ihnen gemeinsam gehen. Und das mit einem ganzheitlichen Ansatz, indem der Mensch mit Körper und Seele im Mittelpunkt steht. Gebündeltes Fachwissen, Engagement und echte menschliche Zuwendung geben nicht nur im körperlichen, sondern auch im seelischen und sozialen Bereich die bestmögliche Hilfestellung. Therapie und Freizeit, Medizin und soziale Kontakte – das alles gehört zusammen und beeinflusst den Genesungsprozess.

Fachklinik für Psychosomatik, Pneumologie und Orthopädie Fritz-Wischer-Str. 3 | 25826 St. Peter-Ording | Telefon 04863 70601 | info@strandklinik-spo.de | www.strandklinik-spo.de

Impressum

MUKOinfo: Mitglieder-Information des Mukoviszidose e.V., Bundesverband Cystische Fibrose (CF) – gemein- nütziger Verein. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redak- tion. Belegexemplare erbeten. Herausgeber: Mukoviszidose e.V. Vorsitzender des Bundesvorstands: Stephan Kruip Geschäftsführende Bereichsleiterin: Dr. Katrin Cooper In den Dauen 6, 53117 Bonn Telefon: + 49 (0) 228 98780-0 Telefax: + 49 (0) 228 98780-77 E-Mail: info@muko.info www.muko.info Vereinsregister 6786, Amtsgericht Bonn Gemeinnütziger Verein Finanzamt Bonn-Innenstadt Schriftleitung: Vorsitzender: Stephan Kruip Medizinische Schriftleitung: Dr. Christina Smaczny (Erwachsenenmedizin), Dr. Anna-Maria Dittrich (Kinderheilkunde)

Redaktion: Marc Taistra und Stephan Kruip (Redaktions- leitung), Henning Bock, Dr. Uta Düesberg, Thomas Malenke, Ilka Schmitzer, Roland Scholz, Luisa Siekmann, Ingo Sparenberg, Juliane Tiedt E-Mail: redaktion@muko.info

Hinweis: Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Beiträge nach eigenem Ermessen zu kürzen. Gewerbliche Anzeigen müssen nicht bedeuten, dass die darin beworbenen Produkte von der Redaktion empfohlen werden. Im Rahmen von Erfahrungsberichten genannte Behandlungsmethoden, Medikamente etc. stellen keine Empfehlung der Redaktion oder der medizinischen Schriftleitung dar. Die Begriffe Mukoviszidose und Cystische Fibrose (CF) sind Bezeichnungen ein und derselben Erkrankung. In diesem Heft bezieht sich die genutzte Bezeich nung eines Geschlechts für irgendeine Person stets auf alle Geschlechter. Bildnachweis: Alle Bilder, außer den gesondert gekennzeichneten, sind privat sowie von AdobeStock, Fotolia und Pixabay. Agenturfotos sind mit Models gestellt. stock.adobe.com: Titel - oatawa, S. 16 - Pixel-Shot, S. 20 - WoGi (Ziel), S. 36 - magele-picture; fotolia.com: S. 9 - vegefox.com;

Herstellung und Vertrieb: Mukoviszidose e.V.

In den Dauen 6, 53117 Bonn Satz: zwo B Werbeagentur Ermekeilstraße 48, 53113 Bonn Druck: Köllen Druck+Verlag Ernst-Robert-Curtius-Straße 14 53117 Bonn-Buschdorf Auflage: 8.000

Spendenkonto des Mukoviszidose e.V.: IBAN: DE59 3702 0500 0007 0888 00 BIC: BFSWDE33XXX Bank für Sozialwirtschaft AG, Köln

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Impressum

Die Psyche in Zeiten der Modulatortherapie

Zu diesem Zeitpunkt lässt sich feststellen, dass sich bei vielen Betroffenen, die sich einer Modulatortherapie mit Kaftrio 1 unter- ziehen, eine positive Entwicklung im Bereich der psychischen Gesundheit zeigt. Die meisten berichten von einer gesteigerten Le bensqualität und einem verbesserten seelischen Wohlbefinden. Allerdings gibt es auch Berichte und Veröffentlichungen, die keine Verbesserung zeigen oder sogar eine Verschlechterung der psychischen Verfassung nach Start mit Kaftrio. Um bessere Aussagen über Prävalenz, Art, Verlauf und Risikofaktoren der psychischen Nebenwirkungen treffen zu können, benötigen wir mehr großan gelegte, prospektive Studien. Festzuhalten ist, dass die Mehrheit der Betroffenen psychisch von der Modulatortherapie profitiert. Wir wollen uns im weiteren Verlauf dieses Beitrags den Fällen widmen, bei denen psychische Nebenwirkungen auftreten.

Welche psychischen Nebenwirkungen wurden bisher berichtet? 2 Zum einen gibt es körperliche Neben wirkungen des Medikaments, die das psychische Wohlbefinden beeinflussen können, wie Magen-Darm-Probleme, Hautauschlag oder -jucken, Ohrenklin geln, Gleichgewichtsstörungen, Kopf schmerzen oder Schwindelgefühl. Darüber hinaus werden psychiatrische und neurokognitive Symptome, wie z.B. Depression (einschließlich Suizidgedan ken und Suizidversuche), Angst, Nervo sität, Irritierbarkeit, Schlafstörungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrations probleme, Gedächtnisstörungen und Bewusstseinstrübungen berichtet. Die aktualisierte Fachinformation von Kaftrio (Juli 2023) führt „Depression“ unter den Nebenwirkungen auf. Bei Kindern können sich psychische Auffäl ligkeiten, je nach Alter, auch auf eine andere Art und Weise zeigen. Häufig beschreiben die Eltern sie als verhaltensauffällig, we sensverändert oder sie berichten von bisher unbekannten Problemen in der Schule. Welche Erklärungen gibt es? Die erste Möglichkeit ist, dass die psychi schen Symptome in keinem Zusammen hang mit der Medikamenteneinnahme stehen und lediglich zufällig zeitgleich mit der Kaftrio-Anwendung auftreten. Diese Möglichkeit sollte stets mitgedacht und in diesem Zusammenhang überprüft wer

den, ob andere aktuelle Lebensereignisse psychischen Stress verursachen könnten.

deutung der Mensch seiner Erkrankung gibt, reagiert er auch unterschiedlich auf Veränderungen im Zusammenhang mit der Erkrankung. Wenn die CF vor Beginn der Therapie sehr viel Raum (zeitlich, gedanklich und emotional) eingenommen hat und plötzlich nicht mehr so viel Kapa zität für das CF-Management gebraucht wird, muss der frei gewordene Raum erst einmal gefüllt werden. Einige berichten von Identitätskrisen, andere sind verwirrt oder gar ängstlich aufgrund der verbes serten Lebenserwartung. Wer seit vielen Jahren sein Leben auf eine bestimmte Lebenszeit ausgerichtet hat und plötzlich gefühlt „mehr Lebenszeit“ bekommt, braucht Zeit, um sich neu zu orientieren oder gar neue Lebensziele zu definieren. Dazu gehört auch, dass vergangene Ent scheidungen möglicherweise bedauert werden und die Behandler Trauerprozesse begleiten müssen. Beispielsweise treffen manche Menschen mit CF die Entschei dung, keine Familie zu gründen, ein be stimmtes Studium oder eine Ausbildung nicht aufzunehmen, oder auch kleinere Entscheidungen, die persönlich sehr bedeutsam sind. Diese Entscheidungen können mit einer gesundheitlichen Verbes serung oder einer neuen Lebenserwartung nochmal in Frage gestellt werden. Oder aber es ist „zu spät“ und es muss verar beitet werden, dass das Medikament nicht früher vorhanden war und damit einherge hend bestimmte Lebenswege und -träume unerfüllt bleiben.

Die zweite Hypothese ist, dass es einen direkten Effekt des Modulators auf die Psyche gibt. CFTR ist in den Nervenzellen im Gehirn vorhanden. Ebenso könnte ein Modulator auch Medikament-spezifische Effekte außerhalb von CFTR-Modulation haben. Es wurde gezeigt, dass Ivacaftor an Neurotransmitter Rezeptoren (Seroto nin, Noradrenalin, δ -Opioid) bindet. Als dritte Möglichkeit kommen Medika- mentenwechselwirkungen in Frage. CFTR- Modulatoren können die Pharmakodyna mik von Psychopharmaka verändern. Eine Verschlimmerung von bereits vorhande nen psychiatrischen Symptomen könnte auf Änderungen der therapeutischen Wirkstoffspiegel zurückzuführen sein. Eine weitere Hypothese ist, dass über die Auswirkungen von Kaftrio auf das Darmmikrobiom ein indirekter Effekt auf die Psyche bestehen kann. Als letzte Möglichkeit sind psychologi sche Auswirkungen zu nennen. Verände rungen, auch positive, können psychi schen Stress hervorrufen und erfordern immer einen Anpassungsprozess. Psychologische Auswirkungen Die CF-Erkrankung hat für jeden Betrof fenen eine individuelle, sehr persönliche Bedeutung. Je nachdem, welche Be

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Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Behandler einen wertfreien Raum schaf fen, um Sorgen zu besprechen.

Symptomen) abgesetzt wird. „Shared decision making“ (Partizipative Entschei dungsfindung) sollte daher unbedingt praktiziert werden. In einem interaktiven, kollaborativen Prozess wird basierend auf geteilten Informationen und unter Berück sichtigung der besten verfügbaren wis senschaftlichen Erkenntnisse über Nut zen und Risiken einer Behandlung sowie der Werte, Ziele, Sorgen und Vorlieben des Betroffenen, eine gemeinsam verant wortete Entscheidung getroffen. Konkret heißt das: Was für den einzelnen Be troffenen der beste Weg im Umgang mit psychischen Nebenwirkungen ist, welche Vor- und Nachteile schwerer wiegen, kann nur in einem ehrlichen Austausch mit dem Behandlerteam eruiert werden. Im besten Fall kann sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit pro fitieren und in Einklang gebracht werden. Dafür dürfen gerne verschiedene Optio nen ausprobiert werden.

Mit mehr Energie können vermehrt auch Themen außerhalb der CF aus anderen Lebensbereichen bearbeitet werden. Und damit können wiederum weitere Veränderungs- und Anpassungsprozes se einhergehen. Möglicherweise treten Themen oder Konflikte auf die Bühne, die bisher aufgrund mangelnder Ressourcen nicht angegangen worden sind. „Ich hatte vorher einfach keine Kraft dafür.“ – eine Antwort, die auf die Frage, wieso gerade jetzt eine Beziehung beendet oder der Job gekündigt wurde, oft genannt wird. In manchen Fällen führt eine Verbesse rung einer chronischen Grunderkrankung auch zu veränderten Rollen in (Freundes- oder Liebes-) Beziehungen. Dies kann Konflikte bereithalten, die zu psychischen Stress führen können. Weitere psychologische Auswirkungen, die berichtet wurden, sind: Schuldgefüh le; ein Erleben von innerem Druck, das Leben jetzt voll auskosten zu „müssen“; gesteigerte Angst vor Infekten und ge sundheitlichen Verschlechterungen, da man in den früheren gesundheitlichen Zustand unter keinen Umständen zurück möchte; Probleme mit einem veränderten Körperbild; Sorge vor Langzeitwirkungen; Sorgen in Bezug auf neue Erwartungen (finanzielle und soziale Implikationen); Frustration und Enttäuschung, wenn er hoffte Therapieeffekte nicht eintreten. Die psychologischen Auswirkungen kön nen psychischen Stress oder Symptome hervorrufen oder verstärken. Unabhängig davon, ob in der Folge psychische Symp tome auftreten, erfordert die Verarbeitung dieser Veränderungen und Emotionen psychische Ressourcen. Umso wichtiger ist es, dass sich Betroffene ausreichend Zeit für diese Prozesse nehmen und die

Was tun bei psychischen Symptomen? Jeder Mensch ist anders, so können auch die Antworten auf ein Medikament unterschiedlich ausfallen. Die langfris tigen physischen und psychologischen Auswirkungen sind noch nicht vollstän dig bekannt, weshalb eine regelmäßige Kontrolle unerlässlich ist. CF-Betroffene sind Experten darin, sich selbst zu be obachten und Veränderungen wahrzu nehmen. Bei Auftreten von psychischen Symptomen ist eine sofortige Kommu nikation mit den CF-Behandler ratsam. Gemeinsam kann entschieden werden, ob das Medikament abgesetzt, pausiert oder die Dosis angepasst werden soll und ob eine psychotherapeutische und/oder psychopharmakologische Intervention erforderlich ist. Gerade weil bezüglich der psychischen Nebenwirkungen noch Unklarheit herrscht, tauschen sich viele Betroffene in den Sozi alen Medien aus. Dieser Austausch kann in gewissemMaße hilfreich sein, z.B. wenn er dazu führt, dass sich Betroffene mit ihren Problemen nicht allein fühlen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass bei einer unmoderierten Informationsweiter gabe auch Verzerrungen entstehen kön nen – wie beispielsweise eine überhäufi ge Wahrnehmung von Nebenwirkungen. Verständlicherweise berichten Menschen in Austauschforen häufig von negativen Erfahrungen – sie suchen schließlich nach Lösungen. Erfolgsgeschichten hingegen müssen oft aktiv angefragt werden. Einige Betroffene sind bei Auftreten von psychischen Symptomen verunsichert und äußern die Sorge, dass das Medika ment (z.B. bei Auftreten von depressiven

Johanna Gardecki Psychologin (M.Sc.)

Christiane Herzog CF-Zentrum, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität Frankfurt a. M. 1 Kaftrio wird stellvertretend für die Kombination Kaftrio/Kalydeco genannt. 2 Die hier beschriebenen Nebenwirkungen beruhen auf den aktuellen Publikationen, Kongressbeiträ gen und Erfahrungsberichten aus der Praxis.

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Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Modulatortherapie Veränderungen bei Sozialleistungen?

Im Zuge zunehmend früherer Diagnosestellung und effektiver Therapien, insbesondere der Modulatortherapie, verbessert sich für einige Menschen mit Mukoviszidose der Gesundheitszustand, selbst wenn die Erkrankung nach wie vor nicht heilbar ist. Was bedeutet das für Sozialleistungen wie die Erwerbsminderungsrente, das Pflegegeld, den Mehrbedarf für kostenaufwändi ge Ernährung oder den Schwerbehindertenausweis, mit den damit verbundenen Nachteilsausgleichen? Bleiben sie bestehen, werden sie automatisch reduziert, muss man die Verbesserung melden?

Mitwirkungspflicht Grundsätzlich besteht nach § 60 SGB I eine Pflicht zur Mitwirkung, was be deutet, dass wesentliche Änderungen in den Verhältnissen, z.B. des Gesund heitszustandes, die für die Leistung erheblich sind, den Behörden unverzüg lich mitzuteilen sind. Wenn man nach einer Beinoperation wieder gehen kann, scheint die Beurteilung der wesentli chen Veränderung einfach zu sein. Da das Krankheitsbild bei Mukoviszidose vielschichtiger ist, fällt die Entschei dung, wann eine Veränderung wesent lich ist, schwerer. » W ann hat sich der Gesundheitszu stand auf Dauer so verbessert, dass ein niedriger Grad der Behinderung (GdB) angemessen ist? » F ührt eine bessere Lungenfunktion auch zu größerer Selbständigkeit, sodass der Pflegegrad reduziert werden kann? » I st eine subjektiv bessere Gesamt konstitution auch ausreichend, um aus der Rente wieder ins Berufsleben einzusteigen? » E rhalte ich keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung mehr, wenn mein Gewicht gestiegen ist?

der Versorgungsmedizin-Verordnung sind dabei die Lungenfunktion, der Ernährungszustand und die Aktivitäten (Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben) entscheidend. Kommt es nunmehr durch die Modu latortherapie zu einer Besserung des Zu standes, muss aber nicht zwangsläufig eine Minderung des GdB erfolgen, weil auch Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus, Leberzirrhose oder Osteoporo se Berücksichtigung finden. Pflegegrad Bei der Feststellung der Pflegebedürf tigkeit wird der Pflegegrad anhand der Selbständigkeit und den Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person bestimmt. Bei Kindern mit Mukoviszidose kommt z.B. der Pflegegrad 2 häufig wegen des großen Hilfebedarfs bei der Therapie und beim Essen zustande. Eine verbes serte Lungenfunktion oder eine Ge wichtszunahme haben nicht direkt eine größere Selbständigkeit oder bessere Fähigkeiten zur Folge, die den Hilfebe darf vermindern. Ein Kind kann seine nach wie vor bestehende, umfangreiche Therapie nicht selbständig organisieren und durchführen und eine bessere Nähr stoffverwertung bedeutet nicht zwangs läufig, dass das Kind nun nicht mehr umfangreich motiviert und aufgefordert werden muss, ausreichend zu essen und zu trinken.

Leider wird er oft erst zugestanden, wenn der Gesundheitszustand schon sehr reduziert ist. Diese Einschränkun gen lassen sich vermutlich, auch unter einer Modulatortherapie, nicht so weit revidieren, dass gar kein pflegerischer Hilfebedarf mehr vorhanden ist. Erwerbsminderungsrente Unabhängig davon, ob man eine be fristete oder unbefristete Erwerbsmin derungsrente (EMR) bezieht, kann das Vorliegen der gesundheitlichen Voraus setzungen überprüft werden. Bei der befristeten Rente erfolgt das spätestens bei der Antragstellung auf Weitergewäh rung, bei der unbefristeten EMR erfolgt die Überprüfung erfahrungsgemäß nicht ohne konkrete Anhaltspunkte, wie z.B. die Aufnahme einer sozialversicherungs- pflichtigen Beschäftigung oder selb ständigen Tätigkeit. Um eine Aussage über die Erwerbsfähig keit treffen zu können, werden aktu elle Arzt- und Reha-Berichte sowie die Selbsteinschätzung des Antragsstellers herangezogen. Neben den üblichen medizinischen Werten, wie z.B. FEV 1 und BMI, zählen für Menschen mit Mukoviszidose auch die regelmäßigen ärztlichen Kontroll- besuche und der weiterhin hohe Thera pieaufwand bei der Entscheidung. So wird auch deutlich, dass bei einem u.U. verbesserten gesundheitlichen Zustand die Erkrankung weiterhin eine Belas tung oder Behinderung darstellt, was

Der Beantwortung dieser Fragen soll nun im Folgenden nachgegangen werden:

Grad der Behinderung (GdB) Bei Mukoviszidose wird, wie bei allen anderen Schädigungen, die Schwere der Behinderung in GdB gemessen. Nach

Für Erwachsene ist es ohnehin sehr schwer, den Pflegegrad 2 zu erhalten.

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Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

gers und die ggf. notwendige Prüfung und Feststellung des Sachverhaltes im Einzelfall ersetzen. Es ist also durchaus erlaubt, dass die Behörden Amtsärzte zur Überprüfung einsetzen und darauf hin ggf. die Leistung für den Mehrbedarf verändert wird. Fazit Die Modulatortherapie ist relativ neu, Langzeitstudien und -erfahrungen gibt es noch nicht. Es ist weder klar, ob die Modulatortherapie negative Begleiterscheinungen hat, noch, ob die Verbesserungen von Dauer sind. Manche Patienten berichten, dass sich das subjektive Gesundheitsempfinden verbessert hat, die Messwerte aber gleichgeblieben sind. Die Mukoviszido se hat in den Jahren vor der Modulator- therapie möglicherweise bleibende Schäden an Lunge und anderen Organen verursacht, die nicht mehr heilbar sind, außerdem berichten einige Betroffene von unerwünschten Nebenwirkungen der Modulatoren. All dies verdeutlicht, dass noch keine klare Linie über die diesbezügliche Entwicklung aufzuzei gen ist. Dementsprechend sind sowohl die sozialrechtlichen Berater beim Muko viszidose e.V. als auch teilweise die Behandler in den Kliniken zurückhaltend damit, von dauerhaften und wesentli chen Veränderungen zu sprechen, die den Sozialleistungsträgern mitzuteilen wären. Faktoren wie der gesundheitliche Verlauf, die Erwerbsbiografie, der Lebenslauf und die familiäre Situation sind immer sehr individuell, sodass auch jede Entscheidung im Einzelfall zu treffen ist.

einen Rentenanspruch weiterhin stützen würde. Wie die Rentenversicherung zukünftig auf verbesserte ärztliche Be funde von Menschen mit Mukoviszidose reagiert, ist uns noch nicht bekannt. Uns fehlen an dieser Stelle noch die entspre chenden Erfahrungsberichte. Als Entscheidungshilfe bei der Ge- währung des Mehrbedarfs für kosten aufwändige Ernährung im Bürgergeld und in der Sozialhilfe werden die Emp fehlungen des Deutschen Vereins für private und öffentliche Fürsorge e.V. herangezogen. Danach sind wegen der erforderlichen kalorienreichen und nährstoffreichen Kost als Pauschale 30Prozent vom Regelsatz der Stufe 1 sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene anzusetzen. Die Einhaltung der speziellen Diät ist nicht nachzuweisen. Die Empfehlungen stel len klar, dass die Mukoviszidose nicht heilbar ist und daher ein dauerhafter Mehrbedarf besteht. Weiterhin wird ausgeführt, dass eine Überprüfung erst nach erfolgreicher Lungentransplan tation erfolgen sollte. Wenn man sich also an den Empfehlungen orientiert, müsste eine Überprüfung und relevante Veränderung erst nach einer Lungen transplantation zum Tragen kommen. Außerdem bedeutet ein verbesserter Ernährungszustand unter einer Modula tortherapie nicht zwangsläufig, dass die spezielle Ernährung für Menschen mit Mukoviszidose auch kostengünstiger geworden ist. Auch wenn auf diese Emp fehlungen in den Fachlichen Weisungen und Dienstanweisungen der Jobcenter und Sozialämter verwiesen wird, sind sie nicht bindend, sodass sie nicht die Ermittlungspflicht des Leistungsträ Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung

Unsere Empfehlungen sind daher: » H andeln Sie nicht übereilt – lassen Sie sich ausreichend Zeit, sich auf die Modulatortherapie einzustellen, bevor Sie vermeintliche Verbesserun gen melden. » L assen Sie sich vor einem Ände rungsantrag oder einer anstehenden Überprüfung fachkundlich beraten. » H olen Sie sich CF-Expertise ein; fragen Sie andere Menschen mit Mukoviszidose, Ihre Behandler oder die sozialrechtliche Beratung des Mukoviszidose e.V. Welche Erfahrungen haben Sie ge macht? Wir freuen uns über Ihre Rück meldungen an info@muko.info Annabell Karatzas, Sven Hoffmann, Nathalie Pichler Team Hilfe zur Selbsthilfe, Mukoviszidose e.V.

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Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Freiheit! Die CF bestimmt nicht mehr mein Leben. Die CF ist gezwungen, mit mir zu leben!

Wie sieht Dein Alltag heute aus?

das Glück, ohne große Einschränkungen zur Schule gehen zu können und meine Ausbildung als Kauffrau im Einzelhan del abzuschließen. Bis sich 2013 mein Leben komplett änderte. Influenza, Lungenentzündung und eine Sepsis. Da raufhin wurde ich sofort ins künstliche Koma versetzt. Man riet mir, dass sich meine Familie von mir verabschieden soll. Doch nicht mit mir! Nach dem Abebben der akuten Krank heitsphase kam nach vielen Jahren des Wartens endlich der ersehnte Anruf. Am 5. November 2019 bekam ich ein neues Leben geschenkt! Die erste Veränderung kam direkt nach der Transplantation. Ich war über alltäg liche Dinge dankbar und überwältigt, diese ohne Einschränkungen machen zu können, z.B. Reisen, Sport, spontane Treffen mit Familie und Freunden. Leider kam in meinen ersten Jahren der neugewonnenen Freiheit Corona dazwi schen. Ich habe mich aber davon nicht runterziehen lassen. Die krasseste Ver änderung kam im Januar 2022, da hieß es nach etlichen Gutachten „Herzlichen Glückwunsch, Sie sind wieder voll be rufsfähig!“ Da überfiel mich erst einmal die Panik. Ich fragte mich, ob ich das alles schaffen würde. Heute kann ich sagen: Ja, ich schaffe das alles, und es geht mir richtig gut dabei. Wann und wie hat sich Dein Leben verändert?

Mittlerweile arbeite ich als Sachbearbei terin bei der HUMANITAS, wo ich für den Gesundheits- und Arbeitsschutz unserer Mitarbeiter zuständig bin, und bin Vor standsvorsitzende im Mukoviszidose e.V. Leipzig. All meine Bedenken, dem nicht gerecht zu werden, haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Ich habe einen guten Weg gefunden, mich, trotz meiner Arbeit, um meine Herzensan gelegenheit kümmern zu können und immer noch genügend Zeit für mich zu haben. Aber als Einzelkämpferin wäre das nicht möglich, das geht nur im Team, und das habe ich beim Mukoviszi dose e.V. Leipzig! Heidi, vielen Dank für Deine Geschichte. Ich wünschen Dir alles Gute und noch viele tolle Leipziger Mukoläufe.

Heidi Heckel, Vereinsvorsitzende vom Mukoviszidose e.V. Leipzig

Heidi Heckel ist seit nahezu vier Jahren transplantiert. Die Zeit vor dem Eingriff glich einer Achterbahnfahrt. MUKOinfo: Heidi, Danke für Deine Be reitschaft für ein Interview. Wer bist Du, wo kommst Du her und was hat es mit der Achterbahnfahrt 2013 auf sich? Ich bin 36 Jahre alt und komme aus Leip zig. Nach mehreren Lungenentzündun gen und etlichen Asthma-Verdachtsfäl len bekam ich im Alter von neun Jahren die Diagnose Mukoviszidose. Ich hatte

Das Interview führte Ingo Sparenberg, CF, Redaktionsteam MUKOinfo

Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen 10

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11 Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Nachdenken über Ungerechtigkeit und Kosten Meine „Nebenwirkungen“ nach zwei Jahren Kaftrio

gesunken ist und die Familie nicht mehr weiß, ob ich zuhause bin (weil sie mich nicht mehr husten hört), bedeutet die fal sche Mutation für mein Gegenüber z.B. unverändert drei bis vier Stunden Therapie, Antibiotikum inhalieren und regelmäßig intravenöse Therapien. Das ist ungerecht – ich habe diesen großen Vorteil mir ja nicht verdient. Natürlich geht es diesen Patienten nicht schlechter, nur weil es anderen besser geht – aber die Unterschiede zwischen den Patienten haben dras tisch zugenommen. Ich vermeide in solchen Gesprächen, mit meinen gesundheitlichen Verbesserungen zu prahlen, sondern versuche empathisch zu sein: Empathie bezeichnet die Bereit schaft, Empfindungen, Gedanken und Motive einer anderen Person zu verstehen und nachzuempfinden. Zumindest das können diese Patienten von mir erwarten. Und ich setze mich dafür ein, dass der Mukoviszidose e.V. sich besonders um die kümmert, die keine Modulatoren bekommen. Verantwortung bei hohen Kosten Wir leben in einem reichen Land und können uns sehr glücklich schätzen, dass unsere Krankenkassen bei vorliegender Indi kation ohne Murren lebenslang Medikamente bezahlen, die so teuer sind, dass man davon jeden Monat einen neuen PKW für gut 20.000 Euro kaufen könnte. Betrachtungen zu ethischen Rechtfertigungen des Preises führen zu dem Schluss, dass der Preis etwa um den Faktor fünf zu hoch ist (oder, anders ausge drückt, ein Rabatt von 80 Prozent notwendig wäre). Auf der Jahrestagung des Deutschen Ethikrats durfte ich einen Vortrag dazu halten, und Organisationen wie EURORDIS, die Europäische Vertretung für Menschen mit seltenen Erkrankun gen, kommen zu dem gleichen Ergebnis. Gegen diese kommer zielle Ausbeutung unseres Sozialsystems kann der einzelne Patient nichts unternehmen. Aber Verantwortung können wir alle übernehmen: Sorgfältiger Umgang und Einnahme des Medikaments sowie eine nachvollziehbare Dokumentation der Rezepte und Dosierungen sollten selbstverständlich sein. Nebenbei: Euer Apotheker erhält pro Jahr ca. 6.000 Euro Apo thekenzuschlag nur dafür, dass er einem Patienten Kaftrio/ Kalydeco aushändigt. Mein Apotheker übernimmt Verantwor tung und spendet einen Teil davon für das Patientenregister des Mukoviszidose e.V., um die Qualität der CF-Versorgung zu sichern. Bravo, das verdient Nachahmer!

Kaftrio kostet pro Jahr so viel wie zwölf PKW.

Redaktionsmitglied und Bundesvorsitzender Stephan Kruip nimmt seit zwei Jahren Kaftrio und profitiert nach eigenen Angaben ganz erheblich davon. Was sind seine „Nebenwir kungen“, wenn er über die neue Entwicklung nachdenkt? Ich kann mir gut vorstellen, dass sich in die Freude über die überraschend und ungeplant gewonnene Lebenserwar tung und Lebensqualität durch die Modulatortherapie auch Traurigkeit mischen kann, weil die Folgen aus dem früheren Krankheitsverlauf bleiben, und zwar nicht nur Diabetes, ver ringerte Lungenfunktion oder ein Tinnitus durch IV-Therapien: Menschen mit Mukoviszidose haben z.B. ihren Job zugunsten der überlebenswichtigen Therapie aufgeben müssen, sie ha ben wegen der geringen Lebenserwartung keinen Mut zu einer dauerhaften Partnerschaft aufbringen können, oder haben sich gegen eigenen Nachwuchs entschieden, weil ihnen die Be lastung durch Kinder zu groß erschien. Je nach Alter wird jetzt erkennbar, dass Karriere, Partnerschaft und Kinder sich nicht einfach nachholen lassen. „Nebenwirkungen“ der Modulato ren werden für mich aber an weiteren Stellen spürbar: Wenn Freunde mit Mukoviszidose keine Modulatoren nehmen kön nen und wenn ich über die Kosten der Modulatoren nachdenke. Empathie für „unmodulierte“ CF-ler Sehe ich Freunde mit Mukoviszidose nach längerer Zeit wieder, kommt zwangsläufig irgendwann die Frage auf, wer Modulato ren nimmt und wer nicht. Während meine Therapielast deutlich

12 Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Sparen mit Spiegelmessungen Dr. Susanne Nährig von der Münchner Erwachsenen-Ambulanz hat die Blut spiegel der drei Modulatoren-Wirkstoffe überprüft und kommt bei erstaunlich vielen Patienten zum Ergebnis, dass die Dosierung reduziert werden kann, weil der Spiegel im Blut über dem Referenz bereich liegt. Ich schlucke jetzt z.B. nur noch eineinhalb Tabletten Kaftrio mor gens und eine Tablette Kalydeco abends, was meiner Krankenkasse ein Sechstel, also 38.000 Euro pro Jahr spart (bildlich

Hohe Preise – Gute Besserung Der 15-Minuten-Ethikrats-Vortrag zu hohen Arzneimittelpreisen von Stephan Kruip kann im Internet angesehen werden (QR-Code scannen, ganz unten unter „Video“, ab 1:55 h:min).

gesprochen: Sie muss mir „nur“ noch zehn PKW pro Jahr kaufen, statt zwölf ). Wer auf diese Art Verantwortung für Kosten übernehmen will und gleichzeitig sein Risiko für Nebenwirkungen durch Überdosierung senken möchte, kann den CF-Arzt bitten, sich wegen Spiegelmes sungen an Frau Dr. Nährig zu wenden, sie vermittelt gerne.

Stephan Kruip, 58 Jahre, CF

Auto gewechselt?! Lebensfreude bleibt!

Die Einnahme von Kaftrio stellte für mich die größte Therapieänderung seit 30 Jah ren da. Entsprechend lange habe ich da mit gezögert und beobachtet. Es ist eben ein grundsätzlich wirkendes Medikament. Vielleicht habe ich eben auch fast drei Jahre gewartet, da ich vermutete, dass es meine „Identität“ verändern könnte. Zum Glück haben sich weit weniger Veränderungen ergeben als ich dachte. Überlegungen zu einer frühen Rente, die ich mit Mitte 20 hatte, waren schon in den letzten Jahren ohne Kaftrio in den Hintergrund getreten. Zu oft habe ich mit nun 57 die Prognosen im Wortsinne überlebt. Was ich merke ist, dass sich mein Körpergefühl mit Kaftrio verändert hat. Es ist, als hätte ich ein Auto gegen ein

anderes getauscht oder ein Lasten fahrrad gegen ein E-Bike. Ich muss nun zum Beispiel erstmal herausfinden, wie sich ein Infekt bemerkbar macht. Die Enzymdosis hat sich jedenfalls dras tisch erhöht. Blutdruck moderat. Insulin brauche ich weniger. Meine Identität aber hat sich nicht geän dert – die Fragen des Alltags und des Lebens sind für mich gleichgeblieben. Ich habe nicht das Gefühl, etwas ver passt zu haben. Was ich tat, tat ich aus voller Überzeugung. Irrwege, rückbli ckend betrachtet, eingeschlossen. So ist nun mal das Leben. Marathonläufer bin ich nicht geworden. Fußballfan geblieben. Auch mein The rapiealltag hat sich nicht geändert. Ich mache alles so weiter, da ich die gewon

nenen Prozente „Lufu“ erhalten möchte. Ob ich perspektivisch die Dauerantibio tika-Therapie reduzieren werde, werde ich gründlich mit meiner Ärztin bespre chen und genau abwägen. Hektik und Ungeduld sind mir hier fremd. Ist Kaftrio ein Wundermittel? Mir als zurückhaltendem Norddeutschen sind solche hochemotionalen Worte fremd. Zumal schon die bisherigen Medikamen te und Fortschritte die durchschnittliche Lebenserwartung auf 57 erhöht haben. Dankbar bin ich, dass Kaftrio entwickelt wurde und auf den Markt gekommen ist. Die neue gewonnene Zeit und Kraft wer de ich nutzen, um mich weiter für Eltern und Erwachsene mit CF einzusetzen.

Thomas Malenke, 57 Jahre, CF

13 Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Coaching, Disziplin und Durchhaltevermögen

Katharina Basche, die 32 ist und selbst CF hat, erzählt im Interview von ihren Erfahrungen mit Kaftrio und ihrer größ ten Nebenwirkung. Katharina, magst Du Dich kurz vorstellen? Hallo, ich bin Katharina, 32 Jahre alt, und mit sechs Monaten wurde bei mir Mukoviszidose diagnostiziert, da ich bis dahin mein Geburtsgewicht nicht er reicht hatte. Als mit der Behandlung von Enzymen begonnen wurde, hat sich dies aber schnell normalisiert, und ich hatte eine fast gesunde Kindheit und Jugend. Nach dem Abitur konnte ich eine Aus bildung als Optikerin abschließen, erhalte mittlerweile aber Erwerbsminde rungsrente. Diese habe ich in einer Zeit bekommen, als ich ein Kandidat für eine Lungentransplantation war. Orkambi, Symkevi und natürlich Kaftrio haben mich aber wieder stabilisiert, sodass eine TX (Transplantation) aktuell kein Thema ist. Welche positiven Wirkungen merkst Du durch Kaftrio? Meine Lungenfunktion hat sich stabili siert, ist sogar leicht angestiegen, so dass ich mit meinen Tagen wieder etwas anfangen kann. Meine Lebensqualität ist deutlich besser, vor allem da ich weniger Antibiotika benötige und auch keine Infekte mehr hatte. Selbst Corona ging ziemlich unspektakulär an mir vorbei. Vor allem das Leben ohne ständige Infekte und ohne gesundheitliches Auf und Ab ist auch psychisch weniger belastend. Oh super. Hattest Du überhaupt irgend welche Nebenwirkungen? Die einzige Nebenwirkung, die alle po sitiven Effekte überschattet, ist eine starke Gewichtszunahme. Innerhalb

von vier Monaten habe ich 15 Kilogramm zugenommen und leide auch unter den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten wie Bluthochdruck und einen beginnenden Diabetes. Außerdem fällt natürlich auch Sport mit einem hohen Gewicht schwer. Oh, das klingt heftig. Früher der Kampf um jedes Kilo und heute das Gegenteil! Ja, also vor allem hat man ja auch immer gelernt „ordentlich reinzuhauen“ und durfte so viel essen wie man wollte. Auf Zucker wurde etwas geachtet, ich durfte z.B. nur eine Flasche Malzbier pro Woche trinken, und sonst gab es haupt sächlich Wasser oder Fruchtschorlen, aber Salzstangen und Fettiges wurde nicht limitiert. Nicht wirklich. Ich habe mir ein Coaching gekauft, und das hat es geschafft, dass ich etwas abgenommen habe, aber lei der waren alle Tipps und Ratschläge für mich nicht dauerhaft wirksam. Natürlich kommt auch noch hinzu, dass es mir einfach sehr gut schmeckt, und ich dann nicht frühzeitig aufhören kann. Das Gefühl von Sättigung ist mir aber auch relativ unbekannt. Das war eine Instagram Werbung und war auch tatsächlich nicht ganz günstig. Davor hatte ich es schon mit Kalorien zählen, mehr Sport und Ernährungsbe ratung versucht, aber das Gewicht, was man einmal drauf hat, geht nicht mehr so schnell weg. Hast Du es geschafft, die Gewichtszu nahme zu begrenzen? Coaching klingt aber wirklich gut. Wie bist du auf die Idee gekommen?

Katharina mit ihrem Verlobten am Meer in Holland

mögen. Das Coaching hat mir gezeigt, dass auch ich abnehmen kann, in drei Monaten etwa zehn Kilogramm, jedoch ist es dann stagniert, und der JoJo-Effekt hat zugeschlagen. Wobei es im Coaching natürlich auch nicht nur um die Ernährung, sondern auch um die mentale Einstellung ging. Und welche Einstellung würdest Du Dir für Dich wünschen? Vor allem ist es immer gut zu erkennen, was für ein Essverhalten man hat, ob man z.B. bei Stress isst oder auch aus Langeweile, denn das sind ja meist die größten Kalorien. Das klingt wirklich hilfreich... Vielen Dank für Deine Offenheit und Deine Zeit. Sehr gerne! Das Interview mit Katharina führte unser Redaktionsmitglied Thomas Malenke (57 Jahre, CF).

Irgendwie habe ich immer das Gefühl, mir fehlt da Disziplin und Durchhaltever

14 Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

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1 Beck-Broichsitter, M.; J Pharm Sci, 2017. 106(8): 2168-2172. 2 Beck-Broichsitter, M. et al.; Eur J Pharm Biopharm, 2014; 87(3): 524-9. 3 Naehrig, S. et al.; Eur J Med Res, 2011; 16(2): 63-6.

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Eltern werden oder nicht? Die Konsequenz der Entscheidungsfreiheit.

Ich bin damit aufgewachsen, dass ich keine Kinder bekommen werde. Ehrli cherweise war es einfach nie wirklich Thema. Mir ging es nicht gut genug dazu, dies wirklich in Erwägung zu zie hen, und vor Transplantation war ich auch schlichtweg zu jung, dass dieser Wunsch hätte in mir wachsen können. Meine Gesundheit war einfach wichti ger – Vorstellungen von mir als Frau und die damit verbunden Wünsche, die mit Bewusstsein für die eigene Geschlecht lichkeit einhergehen, wie „Ich, also mein Körper, kann ein Kind austragen“, erlaubte ich mir erst sehr spät. Neue Möglichkeiten nach TX Und jetzt? Einige Jahre nach der Trans plantation? Mir geht es gut. Ich fühle mich in meinem Leben sehr wohl. Irgend wie ist dieses Gefühl da, das ich von „vorher“ nicht in der Art kenne: Es geht quasi „alles“ – bis auf kleinere Ein schränkungen. Und so wunderbar und toll es ist (ich möchte meine Lunge, mein Leben wirklich nicht missen!), auch das Gut-Gehen und medizinischer Fortschritt haben Konsequenzen: plötzlich theore tischen oder auch praktischen Möglich keiten zu begegnen, mit denen es sich auseinanderzusetzen gilt. Aus Sicht der Ärzte wurde auch nach der Transplanta tion vom Kinderkriegen nicht nur abge raten, sondern es hörte und fühlte sich wie ein Verbot an. Dadurch wurde jeder Gedanke daran und jede Auseinander setzung damit von außen und auch von innen im Keim erstickt. Alles möglich, außer Kinder? Doch nun, mit dem richtigen Partner an meiner Seite ist es da, das Thema, wel ches nie Thema war, bzw. sein durfte: Kinderwunsch. Viel haben wir in der Anfangszeit unserer Beziehung darüber

Neue Gefühle nach TX: Kinderwunsch und die tickende Uhr

Ein Arztgespräch mit Folgen Ich habe mich getraut, dieses, auch von der Ärzteschaft lange totgeschwiegene Thema, bei einem Ambulanztermin anzu sprechen. Eine empathische Ärztin und meine Frage. Und da steht es: Schwarz auf Weiß im Arztbrief. Die Unterstützung der Ärzte hätte ich sicher. Es müssten verhältnismäßig nur Kleinigkeiten in der Behandlung und Betreuung geändert und angepasst werden. Die Medizin steht plötzlich hinter mir. Achterbahn der Ge fühle. Die Frage kommt auf:: Warum habe ich nicht eher gefragt – warum aber hat auch mich seitens der Ärzte als fruchtba re Frau niemals wer angesprochen und gesagt, dass das „Verbot“ so nicht mehr aktuell ist? Natürlich bleibt es eine Risi koschwangerschaft. Ein Nein „nur“ der Medizin wegen, gibt es für mich nun aber auch nicht mehr. Es gibt pro und contra, wir DÜRFEN, MÜSSEN sogar entscheiden. Bisher hatte ich nie das Gefühl einer inneren Uhr der weiblichen Fruchtbarkeit, die abläuft. Ich habe sie bis jetzt einfach noch nie ticken hören. Die Konsequenz der Entscheidungsfreiheit.

gesprochen. Ich war von Beginn an ehr lich: „Nein, Kinder … also das geht in meinem Fall nicht.“ Und doch ließ mich das nicht los. Ich ließ diesen Wunsch zum ersten Mal ehrlich zu. Habe ICH mich WIRKLICH entschieden? Ist es nicht zu leicht zu sagen: „Die Ärzte sagen nein dazu“. Natürlich kenne ich alles, was dagegen spricht und wische dies nicht leichtsinnig weg. Unter anderem gehört nicht nur die Schwangerschaft dazu, sondern auch die Zeit danach. Wieviel Infekte bringt das Kind aus der Kita mit? Wie geht es dem Kind mit ei ner Mutter, die manchmal einfach nicht kann, der es eventuell ganz schnell schlecht geht? Würde mein Partner mit der immensen Belastung umgehen kön nen? Es ist so vieles zu klären, was erst einmal unverantwortlich klingt. Und doch, Medizin ändert sich! Was spricht vielleicht doch dafür, diesen Schritt zu wagen? Die Gespräche mit meinem Partner sind emotional, das Thema begleitet uns seit einiger Zeit. Ich merke, wie immer wieder die Hoff nung auf eine kleine Familie aufkeimt – Eltern sein.

Die Verfasserin möchte anonym bleiben

16 Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

Mehr Zeit für Studium und Sport Gregor investiert in das, was ihm Spaß macht

Gregor Engelhardt kommt aus Baden- Württemberg. Als Kind benötigte er mehrmals im Jahr Antibiotika (u.a. we gen MRSA), 2019 wurde dann erstmals Pseudomonas aeruginosa nachgewiesen. Nach Eradikationsversuchen mit verschie- denen Antibiotika und einer IV-Therapie begann er schließlich mit Orkambi. An tibiotika braucht er seitdem nicht mehr. Diesen März habe ich dann mit Kaftrio/ Kalydeko begonnen. Bisher hatte ich schon sehr wenig Schleim (ich habe noch nie Sputum herausbekommen), aber seit ich Kaftrio nehme, finde ich beim Inhalieren (Kochsalz sieben Pro zent) kein bisschen Schleim mehr (LuFu konstant bei 100 Prozent). Mehr Zeit für wichtige Dinge Derzeit studiere ich Kirchenmusik an der HfK Rottenburg bzw. habe jetzt ein Jahr lang intern die C-Ausbildung ge macht. Neben den Tastenfächern habe ich natürlich auch Gesangsunterricht sowie sehr viel Chorsingen. Zwar hält sich mein Gesangstalent in Grenzen,

aber meine Krankheit schränkt mich nicht ein. Das Singen macht mit der Zeit immer mehr Spaß, ich kann es wärms tens weiterempfehlen! Die beruflichen Aussichten machen mir aktuell keine Sorgen (auch unter Organisten gibt es Fachkräftemangel). Die durch Kaftrio gewonnene Zeit (we niger Inhalieren, mehr Energie) kann ich ganz in mein Studium investieren, vor allem in mein Herzensprojekt Orgelim provisation. Ich habe mir vorgenommen, statt des Inhalierens mehr Sport zu machen. Doch die Umsetzung in die Praxis ist noch ausbaufähig. Hier in Rottenburg mache ich alles mit dem Fahrrad, auch wenn es auf dem Weg zum Wohnheim ca. 1km durchgehend bergauf geht, mit dem Einkauf auf dem Rücken – ich bin noch nie abgestiegen. Positiv in die Zukunft Ich weiß natürlich nicht, was mich die nächsten Jahre alles erwartet, wie sich

Gregors Herzensprojekt ist die Orgelimprovisation. Durch den geringeren Therapieaufwand, nimmt er sich dafür nun mehr Zeit.

mein Körper verändert, ob die Wirkung von Kaftrio konstant bleibt. Aber ich habe das Glück, dass sich mir solche Fragen noch wenig aufdrängen. Meine Krankheit macht sich momentan am meisten dadurch bemerkbar, dass ich Rezepte organisieren und Arzttermine wahrnehmen muss – hoffen wir, dass es so bleibt!

Gregor Engelhardt, 19 Jahre, CF

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Die schönste Nebenwirkung erzeugt Zukunftsängste – das Älterwerden

meinen Gesundheitszustand, gepaart mit der gesundheitlichen Situation mei ner Eltern und meiner Schwester, war es wirklich grenzwertig. Es gab tatsächlich ein paar Momente, in denen eine vor rübergehende Unterbringung in einem Pflegeheim im Gespräch war. Eine ganz furchtbare Vorstellung, die mich nach haltig geprägt hat und mir meine Hilflo sigkeit noch einmal so richtig vor Augen geführt hat. Das sind wirklich meine schlimmsten Ängste. Allein und hilflos durch schwere Krisen oder den Sterbe prozess zu müssen. Aber es gibt auch noch rein praktische Dinge die sich verändern. Viele in mei nem Alter sagen so Sachen wie: „ An den eigenen Kindern sieht man wie die Zeit vergeht.“ Für mich ist es eher total irritierend, dass nach und nach meine ganzen Physiotherapeuten und Ärzte in Rente gehen – wann bitte, sind die so alt geworden? Mal abgesehen davon, dass ich kein Fan von Veränderungen bin und schwer Abschied nehmen kann, ist es auch verdammt schwierig, neue Praxen zu finden. negativ anhört, denn heute ging es nun einmal um die Schattenseiten, ändert das nichts daran, dass ich unglaublich dankbar bin, noch am Leben zu sein und ich freue mich auf noch hoffentlich viele weitere Jahre, möglichst viele schöne Begegnungen und Erlebnisse, weiteren medizinischen Fortschritt – und vielleicht ja sogar auch die Lösung für einige mei ner Zukunftssorgen. Trotz allem das Leben genießen Auch wenn sich dies nun alles recht

Kind fand ich es sogar manchmal tröst lich, dass ich nicht als alte Frau allein und vergessen sterbe und erst nach Wo chen gefunden werde. Oder wenn andere Kinder traurig waren, weil sie ja irgend wann mal ihre Eltern verlieren werden. Ja, Kinder reden über so was und machen sich da Gedanken, dass vergessen wir Erwachsenen gerne. Jedenfalls waren das immer Momente, in denen ich dach te: Passiert mir nicht. Und jetzt? Neue Probleme und neue Ängste Jetzt kann ich dank einer Lungentrans plantation vor zehn Jahren so gut atmen wie nie zuvor in meinem Leben. Aller dings hat mein Körper in den fast fünf Jahrzehnten viel gelitten und macht jetzt mehr Probleme als die Lunge. Daher woh ne ich noch immer in meinem elf qm Kin derzimmer, brauche Unterstützung und stehe plötzlich vor vielen Problemen, die ich nicht erwartet habe. Angefangen mit der finanziellen Situation. Da ich außer meiner Ausbildung keinerlei (bezahlter) Arbeit nachgehen konnte, stellen sich mir einige Fragen: Wie werde ich ohne Unterstützung meiner Eltern im Alter klar kommen? Wo und wie werde ich wohnen? Mein Elternhaus werde ich nicht halten können. Ich habe außer meiner Schwes ter, die ebenfalls nicht gesund ist, keine engere Familie, auf die ich bauen kann. Damit komme ich auch schon zu etwas, was mir am meisten Angst macht. Wer wird mich pflegen? Wer wird mich mental unterstützen? Wer wird an meiner Seite sein, wenn ich mal wieder wochen lang auf der Intensivstation liege? Werde ich doch allein sterben? In den letzten Jahren gab es ein paar Momente, in de nen ich recht hilflos zu Hause lag, zum Beispiel mit einem Kniebruch. Im Grunde ja gar nicht so dramatisch, aber durch

Miriam Stutzmann, CF, bekam vor zehn Jahren eine neue Lunge.

In zwei Jahren werde ich 50, FÜ N F Z I G!!! Ich schwanke zwischen „Wow“ und „oh Schreck“. Dass ich so alt werden durfte und hoffentlich auch noch viel älter werde, ist natürlich die schönste Neben wirkung der medizinischen Entwicklung. Gleichzeitig birgt dieses unerwartete Älterwerden für mich auch viele Proble me, Sorgen und Ängste. Als ich diagnostiziert wurde hieß es, dass ich zweieinhalb Jahre werde, dann hieß es vier. Mit neun galt ich als aus- therapiert und wurde zu Ostern meinen Eltern mit nach Hause gegeben. Alle Infusionen und die Magensonde wurden gezogen und wir sollten sehen, wie lan ge es zu Hause geht. Ich war vorne mit dabei, als es die Sauerstofftherapie für zu Hause gab und auch die PEG (Ernäh rungssonde durch die Bauchdecke) ret tete mich als eine der ersten Mukos. Bei all dem hab ich nie gedacht „in ein oder zwei Jahren bin ich tot“, aber 30, 40 oder richtig, richtig alt werden, daran habe ich damals auch kein Stück gedacht. Als

Miriam Stutzmann, 48 Jahre, CF, DLTX

18 Schwerpunkt-Thema: Positive Entwicklung mit Nebenwirkungen

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