Mukoviszidose e.V. Wirkungsbericht 2019

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Mukoviszidose e.V. Jahresbericht 2019

Teil A: Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Teil A Überblick...............................................................................................................................................................2

Vorwort. .........................................................................................................................................................................5

Vision und Ansatz.......................................................................................................................................................... 6

Gegenstand des Berichts................................................................................................................................................7

Teil B Angebote und Wirkungen...................................................................................................................................... 8

1. Die Krankheit Mukoviszidose und die Arbeit des Mukoviszidose e.V............................................................................ 8

1.1 Themenfeld........................................................................................................................................................ 8

1.2 Über die Krankheit Mukoviszidose. ..................................................................................................................... 8

1.3 Das Krankheitsbild. ............................................................................................................................................ 8

1.4 Eine chronische Krankheit und ihre sozialen Folgen............................................................................................ 10

1.4.1 Prekäre Engpässe bei der Versorgung erwachsener Patienten. ......................................................................... 10

1.4.2 Einschnitte in der Lebenserwartung und -qualität durch multiresistente Keime................................................ 10

1.4.3 Eingeschränktes Berufs- und Arbeitsleben.......................................................................................................11

1.4.4 Essen oder Medikamente? – Finanzielle Engpässe machen eine lebensnotwendige Therapie unmöglich...........11

1.4.5 Und was bringt die Zukunft?. ...........................................................................................................................11

1.5 Die Arbeit des Mukoviszidose e.V....................................................................................................................... 12

1.5.1 Zielgruppen.................................................................................................................................................... 12

1.5.2 Angebote und Aktivitäten des Mukoviszidose e.V............................................................................................ 12

2. Ressourcen und Leistungen im Berichtszeitraum.......................................................................................................23

2.1 Eingesetzte Ressourcen.....................................................................................................................................23

2.2 Leistungen und erzielte Wirkung. .......................................................................................................................25

2.3 muko.aktiv....................................................................................................................................................... 42

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Teil A: Inhaltsverzeichnis

2.4 Evaluation und Qualitätssicherung.................................................................................................................... 46

2.5 Vergleich zum Vorjahr: Grad der Zielerreichung.................................................................................................. 46

3. Planung und Ziele.................................................................................................................................................... 48

TEIL C: DIE ORGANISATION.............................................................................................................................................50

4. Die Organisation.......................................................................................................................................................50

4.1 Allgemeine Angaben..........................................................................................................................................50

4.2 Organe des Vereins............................................................................................................................................50

4.2.1 Mitgliederversammlung..................................................................................................................................50

4.2.2 Bundesvorstand des Vereins..........................................................................................................................50

4.2.3 Geschäftsführung..........................................................................................................................................50

4.3 Organigramme................................................................................................................................................... 51

4.4 Mitarbeiter........................................................................................................................................................52

4.5 Governance.......................................................................................................................................................52

4.5.1 Verbundene Organisationen..............................................................................................................................52

4.5.2 Mitgliedschaften..............................................................................................................................................52

4.5.3 Internes Kontrollsystem....................................................................................................................................52

4.5.4 Ethischer Umgang mit Spenden........................................................................................................................52

4.5.5 Teilnehmer der Initiative Transparente Zivilgesellschaft.....................................................................................52

5. Kurz gefasster Finanzbericht für das Geschäftsjahr 2019............................................................................................53

5.1 Gewinn- und Verlustrechnung 1. Januar bis 31. Dezember 2019 . ..........................................................................54

5.2 Planung für das Geschäftsjahr 2020...................................................................................................................62

6. Impressum...............................................................................................................................................................63

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Teil A: Überblick

Vorwort

Wirkung ist auch das Leitthema unseres Jahresberichts über das abgelaufene Geschäftsjahr 2019, den Sie nun in Ihren Händen halten oder online einsehen. Wir haben die- sen thematisch weiterentwickelt, indem wir die unmittel- baren Probleme, die wir mit unseren Projekten angehen, sowie den Unterschied, den unsere Arbeit leistet, stärker in den Fokus rücken. Aus diesen Überlegungen heraus sind die auf den Seiten 14-22 grafisch dargestellten Wirkungslogiken entstanden. Von zentraler Bedeutung sind die darin aufgeführten Wirkunsgziele, an denen wir die Effektivität aller unserer Maßnahmen für unsere Zielgruppen heute und in Zukunft messen wollen. Wir hoffen, Ihnen mithilfe der neuen Grafiken die Ansätze unserer Arbeit und die sich daraus ableitende Notwendigkeit unserer Projekte für Betroffene, deren Angehörige und Behandler auf verständliche Weise näherzubringen. 2019 haben wir wieder einiges bewirkt, wie Ihnen die auf den Seiten 25 – 39 beschriebenen Fälle und Aktivitäten unserer Hilfs- und Forschungsprojekte sowie unserer öffentlichkeitswirksamen und gesundheitspolitischen Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und den Versor- gungsnotstand in der Mukoviszidose-Behandlung zeigen möchten. All dies kann unser Verein nur bewerkstelligen, weil seine Mitglieder und Unterstützer, ungeachtet ihrer sozialen, gesundheitlichen oder beruflichen Situation, disziplin- übergreifend zusammenarbeiten, denn sie verfolgen alle dasselbe Ziel: Gemeinsam Mukoviszidose besiegen! Ihnen allen gilt mein Dank wie auch all unseren treuen Förderern und Spendern, ohne deren finanzielle Rücken- deckung wir unseren Kampf gegen die Mukoviszidose nicht führen können.

Liebe LeserInnen,

während ich diese Zeilen verfasse (im April 2020), stehen Deutschland und die Welt im Corona-Still- stand. Der Virus wirkt sich auf unser aller Leben aus. Viele Dinge,

die wir bisher als selbstverständlich erachtet haben, eine Angehörige oder einen guten Freund in den Arm zu nehmen oder uns überall frei hinbewegen zu können, sind stark eingeschränkt. Noch sind wir ungewiss darüber, wie lange dieser Ausnahmezustand andauern wird. Sicher ist jedoch, dass uns das Erlebnis dieser extremen Situation prägen wird und wir nach ihrer Überwindung neue Wege finden müssen, wie wir Menschen miteinander umgehen werden. Für Mukoviszidose-Patienten, zu denen auch ich zähle, erscheint ein Leben im Ausnahmezustand weniger unge- wöhnlich als für Menschen, die nicht unter einer schwe- ren chronischen Erkrankung leiden. Abstand zu anderen Betroffenen während eines Ambulanzbesuchs zu halten, um etwa die Gefahr einer möglichen Kreuzinfektion mit antibiotikaresistenten Keimen zu vermeiden, sowie die Vermeidung des Händeschüttelns zur Begrüßung prakti- zieren wir schon lange. Mund-Nasen-Schutz war für einige von uns in bestimmten Situationen schon immer ein kontinuierlicher Begleiter. Trotz des beklemmenden Gefühls, das einen befällt, wenn Bekannte und Freunde die Straßenseite wechseln, um sich nicht zu nah zu kommen, ist es in dieser Zeit positiv zu beobachten, wie auch Menschen, die nicht zu den sogenannten „Risikogruppen“ zählen, aufeinander Acht geben, indem sie lernen, sich und ihre Mitmenschen zu schützen. Eine andere Wirkung der Pandemie ist jedoch auch, dass Menschen mit Mukoviszidose durch ihr Husten viel mehr auffallen als früher. Es ist die Aufgabe unserer Gesellschaft, insbesondere unseres Gesundheitssystems, Pauschalurteilen wie „Jeder der hustet, hat Corona!“ durch gezielte Aufklärungsarbeit entgegenzuwirken, um zu ver- meiden, dass diese Diskriminierungen nach sich ziehen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen des Berichts und bleiben Sie gesund! Ihr

Stephan Kruip Ehrenamtlicher Bundesvorsitzender des Mukoviszidose e.V.

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Teil A: Überblick

Vision und Ansatz

So kommen wir dem langfristigen, großen Ziel des Vereins näher: Gemeinsam Mukoviszidose besiegen! Wir verfolgen unsere Ziele nachhaltig, indem wir die Inte- ressen der heute betroffenen Mukoviszidose-Patienten, die im Alltag auf Hilfe für ihr selbstbestimmtes Leben an- gewiesen sind, mit den Interessen künftiger Betroffener in Einklang bringen. Sie alle profitieren von vorhandenen und kommenden Forschungserfolgen. Damit die gemein- samen Aufgaben und Ziele erreicht werden, sind wir als gemeinnütziger Verein auf die Unterstützung engagierter Spender und Förderer angewiesen.

In Deutschland sind bis zu 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Muko- viszidose betroffen. Jedes Jahr werden hierzulande etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren. Der Mukoviszidose e.V. vernetzt die Patienten, ihre An- gehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Per- spektiven mit dem Ziel, jedem Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose ermöglichen zu können. Auch durch das erfolgreiche Engagement der Patienten- organisation hat sich die Lebenssituation der Betroffe- nen seit dem Gründungsjahr 1965 erheblich verbessert. Damals starben viele Betroffene noch im frühen Kindes- alter. Heute liegt der Anteil der erwachsenen Patienten bei rund 57 Prozent. Der Mukoviszidose e.V. fasst das Selbst- verständnis seines Wirkens in seinem Mission Statement zusammen: Helfen heißt für uns, Mukoviszidose-Patienten und ihren Angehörigen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, als Anwalt der Betroffenen zu wirken, Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung zu sammeln und dieses Wissen weiterzugeben. Wir unterstützen und vernetzen alle, die beruflich oder ehrenamtlich Menschen mit Mukoviszidose helfen. Forschen heißt für uns, Forschungsprojekte zu fördern und zu finanzieren, die der Verbesserung der Mukoviszi- dose-Therapie dienen. Denn Forschung ist ein Schlüssel dafür, dass Mukoviszidose immer besser behandelbar und einmal heilbar wird. Heilen heißt für uns, dafür Sorge zu tragen, dass die Er- fahrungen und das Wissen um Frühdiagnose, optimierte Therapien bis zur Behandlung der Ursachen eingesetzt und geteilt werden, damit allen Patienten bundesweit die beste medizinische Versorgung zur Verfügung steht.

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Teil A: Überblick

Gegenstand des Berichts

Geltungsbereich

Der folgende Bericht bezieht sich auf die Aktivitäten des gemeinnützigen Mukoviszidose e.V. Die Organisation hat ihren Sitz: In den Dauen 6, 53117 Bonn.

Der Mukoviszidose e.V. ist beim Amtsgericht Bonn unter VR 6786 eingetragen.

Anwendung des Social Reporting Standards

Der vorliegende Bericht orientiert sich an den Richtlinien des Social Reporting Standards (SRS) für gemeinnützige Organisationen. Er basiert auf der SRS Version von 2014. Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text die masku- line Form verwendet. Selbstverständlich beziehen sich die Angaben auf Personen aller Geschlechter.

Berichtszeiten und Berichtszyklus

Die Wirkungs- und Finanzberichterstattung bezieht sich auf das Geschäftsjahr 2019. Es wird im jährlichen Turnus berichtet.

Ansprechpartner

Fragen zum Bericht richten Sie bitte an info@muko.info.

Stand

5/2020

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Teil B: Angebote und Wirkungen

1. Die Krankheit Mukoviszidose und die Arbeit des Mukoviszidose e.V.

1.1 Themenfeld

bestimmten Voraussetzungen kann dann – als letzte The- rapieoption – eine Lungentransplantation vorgenommen werden, die die Lebensqualität verbessert und den Patien- ten von dauerhafter Sauerstoffzufuhr, schwerer Atemnot und Immobilität befreit. Allerdings stellt eine Lungentrans- plantation eine krankheitsmildernde, keinesfalls eine hei- lende Maßnahme dar. Bei Mukoviszidose betrifft der Gen-Defekt allerdings nicht nur die Lunge, sondern alle Organe, in denen das Gen- produkt – der CFTR-Kanal – eine Rolle spielt. So leiden etwa 75–80 Prozent der Mukoviszidose-Patienten unter einer Fehlfunktion der Bauchspeicheldrüse. Durch die Ver- änderung im CFTR-Gen produziert die Drüse einen zähen Schleim, der sie regelrecht verstopft. Dadurch kann sie nicht (oder nur in geringen Mengen) die für die Verdauung notwendigen Enzyme herstellen. Fettstuhl aufgrund unzu- reichender Verdauung, chronische Durchfälle, ungenügen- de Gewichtszunahme sowie ein schmerzhaft aufgeblähter Leib sind häufige Symptome, die auf eine Funktionsstö- rung der Bauchspeicheldrüse und damit indirekt auf eine Mukoviszidose hindeuten. Im äußersten Fall kann es zu einem Darmverschluss kommen. Es gibt an die 2.000 Mutationen im CFTR-Gen. Je nachdem, welche Mutation bei einem Betroffenen vorliegt, kann der Krankheitsverlauf entweder schwer oder leicht sein. Im Verlauf der Krankheit können weitere Komplikationen und Folgeerkrankungen auftreten. Mit zunehmendem Alter des Betroffenen sind neben der Lunge und Bauchspeichel- drüse (Diabetes) oft auch die Leber, Gallenwege und Gal- lenblase (Gallensteine), die Nieren sowie die Knochen (Osteoporose) und Geschlechtsorgane betroffen. Mukoviszidose ist bis heute nicht heilbar, aber zuneh- mend gut behandelbar. Mukoviszidose-Patienten müssen ihr Leben lang Medikamente einnehmen, z.B. Enzyme der Bauchspeicheldrüse (Pankreasenzympräparate), um eine bessere Nahrungsmittelverwertung zu erreichen, schleim- verflüssigende Wirkstoffe (Mukolytika), um so das Abhus- ten bzw. Abatmen zu erleichtern sowie Antibiotika, um die wiederkehrenden Infekte der Atemwege zu bekämpfen. Sie müssen regelmäßig inhalieren und täglich spezielle Atemtherapien und krankengymnastische Übungen durch- führen, um den zähen Schleim in den Atemwegen zu lockern und zu entfernen. Seit 2012 sind zudem auch mu- tationsspezifische Therapien verfügbar, die den Basis- defekt bei Mukoviszidose adressieren. Bis Ende des Be- richtsjahres profitierten von diesem Therapieansatz nur wenige Patienten in Deutschland. Allerdings ist in dieser

Als Interessensverband der Betroffenen, Angehörigen und Behandler ist der Mukoviszidose e.V. primär in den Be- reichen Selbsthilfe, Gesundheitswesen, Therapieoptimie- rung, Forschungsförderung, Sozialrecht, Spendenwerbung sowie politische Themenanwaltschaft tätig.

1.2 Über die Krankheit Mukoviszidose

In Deutschland sind bis zu 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der Erbkrankheit Mukoviszidose (oder auch: cystische Fibrose, kurz CF) betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wassertransports bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irrepa- rabel schädigt. Jedes Jahr werden etwa 150–200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren. Neben Verdauungs- störungen gehören chronischer Husten (meistens mit Schleimproduktion, so genannter produktiver Husten) und Untergewicht zu den häufigsten Symptomen von Mukoviszidose. Die Ursache für Mukoviszidose ist ein Fehler im Erbgut. Seit 1989 ist bekannt, dass dieser Fehler auf dem Chromosom 7, imso genannten CFTR-Gen liegt. CFTR (Cystic Fibrosis Trans- membrane Conductance Regulator, auf Deutsch „Regulator der Transmembran-Leitfähigkeit bei Mukoviszidose“) ist ein Eiweiß, welches den Ionentransport von Salz (Natrium- chlorid, NaCl) und damit den Salzhaushalt reguliert. Bei Gesunden sorgt der Austausch von Salz und Wasser dafür, dass der Schleim flüssig genug bleibt, um beispiels- weise aus der Lunge abgehustet zu werden. Bleiben die Salze in den Zellen, wird dem Schleim Wasser entzogen, Wodurch dieser zäh wird. Daher der Name Mukoviszidose, welcher sich von den lateinischen Begriffen mucus (Schleim) und viscidus (zäh, klebrig) ableitet. Im Falle der Lunge verstopft der zähe Schleim die Bron- chien, sodass sich Bakterien darin einnisten können. Die Betroffenen haben chronischen Husten. Lungenent- zündungen zerstören langfristig das Lungengewebe, was dazu führt, dass die Lunge immer weniger Sauerstoff auf- nehmen und Kohlendioxid abgeben kann. Im Endstadium der Erkrankung ist ein Lungenversagen für die meisten Patienten die lebensbegrenzende Komplikation. Unter 1.3 Das Krankheitsbild

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Teil B: Angebote und Wirkungen

zu halten. Zudem gibt es noch keine verlässlichen An- gaben zu den Langzeit- und Nebenwirkungen des Wirk- stoffs. Nicht zuletzt profitieren Betroffene mit einer sel- teneren Mutation von dem neuen Medikament nicht und (Lungen-)Transplantierte, Leber- und Nierengeschädigte sowie Betroffene mit einer schwachen Lungenfunktion sind von der Verabreichung ausgeschlossen. Hier besteht in Zukunft noch viel Bedarf an Grundlagenforschung, da- mit wirksame Medikamente für alle Patientengruppen zur Verfügung stehen. Dank fortgeschrittener Therapien und immer früherer Diagnosestellung (wie etwa durch das 2016 deutschlandweit eingeführte Neugeborenen-Screening) steigt die Lebenserwartung der Betroffenen kontinuierlich. Ein heute Neugeborenes mit Mukoviszidose hat, wenn die entsprechende ärztlich-therapeutische Expertise vorhan- den ist und sich die notwendigen Versorgungsstrukturen nicht verschlechtern, eine gute Chance, das Rentenalter zu erreichen. Die einstige Kinderkrankheit Mukoviszidose ist erwachsen geworden. Doch die gesteigerte Lebenserwar- tung bringt neue Probleme mit sich.

Hinsicht Besserung zu erwarten: So verspricht die im Ok- tober 2019 durch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA in den USA zugelassene Dreifachkombination aus Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor eine, laut Hersteller in klinischen Studien bestätigte, gesteigerte Lungenfunk- tion von über 10%, bei gleichzeitig guter Verträglichkeit. Das Medikament wurde in den USA unter dem Marken- namen TRIKAFTA eingeführt und ist seitdem dort für CF- Patienten ab zwölf Jahren mit mindestens einer F508del- Mutation erhältlich. Mit einer Zulassung durch die für die EU zuständige Behörde EMA ist voraussichtlich ab der zweiten Hälfte 2020 zu rechnen. Mit der Einführung ei- nes Modulators für die F508del-Mutation, der häufigsten Mutation des CFTR-Gens, kann der Krankheitsverlauf bei vielen Betroffenen positiv beeinflusst werden, so sind sich Experten sicher. Allerdings wirkt die Dreifachkom- bination am Basisdefekt, sie beseitigt nicht die Ursache der Erkrankung! Patienten werden demnach weiterhin zu- sätzlich ihre symptommildernden Therapien durchführen müssen, um ihren Gesundheitszustand dauerhaft stabil

Mukoviszidose: die unheilbare Erbkrankheit Frühe Diagnose hilft Langzeitschäden einzudämmen

Nase chronische Neben- höhlenentzündungen

Lunge Husten, Atemnot, wiederkehrende Lungenentzündungen, letzter Ausweg Transplantation

Knochen Osteoporose (schon bei Kindern)

Leber und Gallenblase verstopfte Gallengänge, Leberzirrhose

Bauchspeicheldrüse Unterernährung, Gedeihstörungen, Diabetes

Darm chronische Verstopfungen, Darmverschluss (besonders bei Neugeborenen)

Statistisch kann jedes 500. Paar ein Kind mit Mukoviszidose bekommen.

Geschlechtsdrüsen Fruchtbarkeitsstörungen, Unfruchtbarkeit

Quelle: Deutsches Mukoviszidose Register/Mukoviszidose e.V.

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Teil B: Angebote und Wirkungen

1.4 Eine chronische Krankheit und ihre sozialen Folgen

hilft es, wenn Gesetzgeber und Kostenträger für die grund- legende Finanzierung der CF-Ambulanzen sorgen, aber nicht genügend Menschen der Berufung folgen, sich pro- fessionell für eine seltene Erbkrankheit zu engagieren. Ein im Berichtsjahr vom Mukoviszidose e.V. in Auftrag gege- benes Fachkräftegutachten brachte zutage, dass fast jede zweite Stelle in der Mukoviszidose-Versorgung derzeit und bis zum Jahr 2030 nicht besetzt werden kann. Dieser Zustand ist nicht zuletzt bezüglich der voraussichtlichen Einführung der neuen Modulatoren-Medikamente prekär, denn diese sollten den Betroffenen ausschließlich durch Fachärzte an zertifizierten CF-Ambulanzen verabreicht werden. Die flächendeckende Versorgung von CF-Betrof- fenen mit den neuen Wirkstoffen ist somit aufgrund die- ses Behandler-Notstands von Beginn an gefährdet. Hilfe schaffen könnte, neben einer auskömmlichen Finanzie- rung der ambulanten Leistungen und für das Fachpersonal angemessene Gehälter, eine gezielte Förderung der Aus- und Weiterbildung von Fachpersonal. Die Umsetzung die- ser Maßnahmen wird der Mukoviszidose e.V. auch künftig mit Nachdruck bei den politisch Verantwortlichen einfor- dern. Darüber hinaus wird der Bundesverband über die Möglichkeit weiterer Handlungsoptionen und Projekte zur Entschärfung des Fachkräftemangels beraten. Neben der Situation in Erlangen zeigen personelle, ver- sorgungsqualitative und räumliche Engpässe sowie man- gelnde Unterstützung durch die Kostenträger an weiteren Standorten – (wir haben darüber u.a. im Vorjahr berich- tet), dass die Versorgung von Mukoviszidose-Patienten in Deutschland flächendeckend bedroht ist! Bei der Geburt eines mukoviszidosekranken Kindes ist dessen Lunge nicht von Krankheitskeimen besiedelt. Die Vermehrung von Bakterien, die sich im Schleim der Lunge einnisten, wird in den Kinder- und Jugendjahren zumeist durch Antibiotika eingeschränkt, womit sich Infektionen vorbeugen lässt. Allerdings entwickeln Bakterien immer häufiger Strategien, um sich gegen Antibiotika zu schüt- zen. Mit steigendem Lebensalter erhöht sich die Wahr- scheinlichkeit einer chronischen Infektion. Die Lunge der meisten betroffenen Erwachsenen weist eine chronische Besiedelung mit dem Bakterium Pseudomonas aerugi- nosa auf, was langfristig zu einer Verschlechterung der Lungensituation führt. Einige Bakterien bilden zusammen mit dem zähen Schleim einen Biofilm in der Lunge der Er- krankten. Durch den zähen Schleim finden die Bakterien einen idealen Nährboden vor, in dem sie sich regelrecht verschanzen und für Antibiotika nur schwer zugänglich sind. Multiresistente Infektionserreger wie beispielsweise Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus oder 1.4.2 Einschnitte in der Lebenserwartung und -qualität durch multiresistente Keime

Früher war Mukoviszidose eine Kinderkrankheit. Heute ist die Chance das Erwachsenenalter zu erreichen, so hoch wie nie. Laut Berichtsband des Deutschen Mukoviszidose- Registers 2018 machten Erwachsene bereits mehr als die Hälfte der Mukoviszidose-Patienten aus. Mittlerweile hat ein heute geborener Mukoviszidose-Patient eine statisti- sche Lebenserwartung von 53 Jahren. Das steigende Alter bringt Probleme bei der Versorgung mit sich, denn das Gesundheitssystem in Deutschland ist auf diesen Wandel nach wie vor nicht ausgerichtet. So müssen erwachsene Mukoviszidose-Patienten vielerorts noch in Kinderkliniken behandelt werden, da es zu wenige Ambulanzen für volljährige Erkrankte gibt oder weite Wege in Kauf nehmen, um medizinisch gut versorgt zu werden. Dies ist je nach Gesundheitszustand nicht für jeden Patien- ten leistbar. Und die Situation wird sich weiter verschärfen. Eine 2015 auf Basis der Patientendaten des Europäischen Mukoviszidose-Registers (European Cystic Fibrosis Society) errechnete demographische Prognose ergab, dass die An- zahl der erwachsenen Patienten mit Mukoviszidose bis 2025 um etwa 50 Prozent ansteigen wird. Die Mängel bei der Versorgung erwachsener Betroffener lassen sich gut am Beispiel der CF-Ambulanz des Kinder- klinikums Erlangen verdeutlichen. Hier waren im Juli 2016 über 80 Patienten in der Region von einem akuten Versor- gungsnotstand betroffen, als der Zulassungsausschuss Ärzte Mittelfranken beschloss, dass die Kinderklinik die Behandlung der erwachsenen Patienten nicht mehr ab- rechnen dürfe. Mukoviszidose-Patienten benötigen eine qualitätsgesicherte, umfassende Versorgung, die teil- weise auch teure Untersuchungen umfasst. Fallen diese weg, müssen die Patienten eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes befürchten. Auf Druck des Mukoviszidose e.V. konnte eine bis Ende 2017 geltende Finanzierungsvereinbarung erwirkt werden, die die Versorgung der Patienten bis dato sicherte. Wie Vertretern des Mukoviszidose e.V. Ende 2018 durch die Klinikleitung mitgeteilt wurde, sollte ab Frühjahr 2019 an der Kinder- und Jugendklinik ein gemeinsames CF-Zentrum für Erwachsene und Kinder eröffnen. Das Zentrum war je- doch bei Redaktionsschluss dieses Berichts immer noch nicht eröffnet. Grund hierfür waren nicht ausschließlich finanzielle Gründe, sondern der Umstand, dass nicht ge- nügend Behandler vorhanden waren, um das erforderliche multidisziplinäre CF-Team zu besetzen. Die beschriebene Situation macht ein weiteres Problem deutlich, denn was 1.4.1 Prekäre Engpässe bei der Versorgung erwachsener Patienten

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Teil B: Angebote und Wirkungen

1.4.4 Essen oder Medikamente? – Finanzielle Engpässe machen eine lebensnotwendige Therapie unmöglich Das Leben mit Mukoviszidose ist teuer. Zuzahlungen für ver- schreibungspflichtige Medikamente, nicht verschreibungs- pflichtige Medikamente (z.B. Vitamine), Eigenanteil an The- rapien (Krankengymnastik) und Fahrtkosten belasten die Haushaltskasse. Dazu kommt ein erhöhter Aufwand bei der Ernährung, denn eine ausgewogene, kalorienreiche Ernäh- rung ist für Mukoviszidose-Betroffene besonders wichtig. Wenn von den Betroffenen oder ihren Angehörigen keine zusätzliche finanzielle Vorsorge betrieben worden ist, erhal- ten Betroffene aufgrund verminderter Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit oftmals nur eine geringe Rente. Diese muss dann auf Existenzminimum aufgestockt werden. Laut der besagten Studie zur finanziellen Situation von erwachsenen Patienten mit Cystischer Fibrose (CF) sind 20% der Betroffe- nen davon bedroht, in die Grundsicherung zu rutschen. Der durch Sozialgesetzbuch und Verordnungen festgeleg- te Satz zur Existenzsicherung reicht jedoch für einen CF- Betroffenen nicht aus, um die krankheitsbedingten, emp- fohlenen Maßnahmen auch finanzieren zu können. Zum Beispiel: Alleine der Anteil der Ernährung, die im Falle der Mukoviszidose als Teil der Therapie anzusehen ist, liegt bei erwachsenen Patienten bei bis zu 35% der monatlich verfügbaren Leistungen auf Arbeitslosengeld II-Niveau. Am Monatsende reicht es gerade für eine Tütensuppe In einer wissenschaftlichen Evaluation konnte der Muko- viszidose e.V. ermitteln, dass der finanzielle Mehrbedarf für Mukoviszidose-Patienten bei monatlich durchschnitt- lich 250 Euro über dem Grundsicherungsniveau liegt. Viele kompensieren dieses Defizit, indem sie sich finanziell von den Eltern (29%), Partnern (14,1%) sowie Freunden (5%) unterstützen lassen. Betroffenen ohne Unterstützer bleibt oft nichts anderes übrig, als ihre lebensnotwendige Therapie zu vernachläs- sigen. Nicht selten wird hier die Ernährung eingeschränkt, sodass die Betroffenen sich selbst schaden, denn eine ausgewogene, kalorienreiche Ernährung ist für Mukoviszi- dose-Betroffene besonders wichtig. Fahrten zur Physiothe- rapie oder der Ambulanztermin werden auf den nächsten Monat verschoben. Dies hat zur Folge, dass die Betroffe- nen in eine regelrechte Abwärtsspirale geraten und sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert. 1.4.5 Und was bringt die Zukunft? Jeder fünfte Betroffene ist heute nicht in der Lage zu sagen, wie sie/er in zwei Jahren ihren/seinen Lebensunterhalt be- streiten soll. Inwiefern die mit viel Hoffnung erwarteten neu- en CF-Modulatoren in der Lage sind, diesem Negativtrend entgegenzuwirken, wird die Zukunft zeigen.

Burkholderia cepacia können gegen mehrere Antibiotika- Gruppen resistent werden und schwere, chronische Lun- genentzündungen verursachen. Eine Keimbesiedlung der Lunge ist mit einem erheblichen Einfluss auf die Therapie-, aber auch auf das Sozialleben verbunden: » CF-Patienten sind gezwungen, regelmäßig intravenöse Antibiotikatherapien im Krankenhaus durchzuführen. » Notwendigemedizinische Untersuchungenmüssen von besonderen Hygienemaßnahmen begleitet werden. » Aufgrund der Gefahr einer Kreuzinfektion mit Pseudo- monas-Stämmen oder weiteren multiresistenten Kei- men meiden viele CF-Patienten den räumlichen Kontakt zu anderen CF-Patienten. » Für Patienten mit bestimmten Keimen (z.B. MRSA, Bur- kolderia) wird es immer schwieriger, an CF-Veranstal- tungen teilzunehmen. Es besteht die Gefahr, andere Patienten anzustecken. Sie können somit nicht von dem vermittelten Wissen profitieren und werden sozial isoliert, da sie nicht am persönlichen Erfahrungsaus- tausch teilhaben können. » Patientenmitmultiresistenten Keimen dürfen nicht oder nur unter gesonderten Bedingungen an klassischen Reha-Maßnahmen teilnehmen. 1.4.3 Eingeschränktes Berufs- und Arbeitsleben Erwachsene Mukoviszidose-Patienten haben durch die fortschreitende Erkrankung nicht nur gesundheitliche Pro- bleme zu bewältigen, auch in der Ausbildung und dem Er- werbsleben ergeben sich schwierige Situationen. Laut einer vom Mukoviszidose e.V. durchgeführten Eva- luation zur finanziellen Situation von erwachsenen Pa- tienten mit Cystischer Fibrose (CF) haben Betroffene im Vergleich zum Bundesdurchschnitt häufiger einen mittle- ren oder höheren Schulabschluss. Durch die fortschrei- tenden gesundheitlichen Probleme ist jedoch nur jeder vierte Betroffene in der Lage, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Dieselbe Studie brachte zutage, dass 16,9% der Befrag- ten ihre Ausbildung oder ihr Studium abgebrochen haben, einige begründeten dies mit der Verschlechterung ihres Gesundheitszustands. 38,2% arbeiteten in Teilzeit und 35,7% waren krankheitsbedingt nicht in der Lage, einen Beruf auszuüben. Die zunehmenden gesundheitlichen Probleme machen einen Jobwechsel problematischer als bei Gesunden. Laut Studie sehen sich mehr als die Hälf- te der Betroffenen durch die Mukoviszidose finanziell benachteiligt und sind der Meinung, dass das Leben mit Mukoviszidose insgesamt kostenintensiver ist. Dement- sprechend lebt noch etwa ein Drittel der Betroffenen bei den Eltern oder nahen Verwandten.

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Teil B: Angebote und Wirkungen

1.5 Die Arbeit des Mukoviszidose e.V.

Zu den Aufgaben des Vereins zählen auch die Partner- schaft mit Pharma-und Gesundheitsunternehmen im Be- reich des Sponsorings oder im Zusammenhang mit wirt- schaftlichen Aktivitäten sowie die Nähe zu Entscheidern im Gesundheitswesen. Denn nur gemeinsam, mit gebün- delter Kraft lassen sich Fortschritte bei der Behandlung der Stoffwechselkrankheit sowie der Lebensqualität der Betroffenen erzielen und etablieren. Allen Aktivitäten lie- gen klar definierte Leistungen und Gegenleistungen zu- grunde. So wird mit Dritten, insbesondere Sponsoren und Kunden des Vereins vereinbart, dass durch deren Leistung kein Einfluss auf die Verwendung von finanziellen Mitteln sowie die Art und den Inhalt von Aktivitäten des Vereins genommen werden kann. Eine detaillierte Aufführung al- ler Einnahmen von Wirtschaftsunternehmen der gesund- heitsbezogenen Industrie sowie aus Drittmitteln ist auf der Webseite des Vereins unter der Rubrik „Unabhängigkeit und Transparenz“ einsehbar. 1.5.2 Angebote und Aktivitäten des Mukoviszidose e.V. 2019 standen bundesweit 38 Mitarbeiter (27 Vollzeitäqui- valente) des Mukoviszidose e.V. den Betroffenen und ihren Angehörigen sowie den auf dem Gebiet Mukoviszidose tätigen Ärzten und Therapeuten zur Seite. Der Verein führt Beratungen, Schulungen, Workshops, Seminare sowie In- formationsveranstaltungen zu Themen wie Neudiagnose,

1.5.1 Zielgruppen Durch seine Organisationsform als interdisziplinäre Ge- sundheitsorganisation vereint der Mukoviszidose e.V. die Interessen eines breiten Spektrums an Personen und In- stitutionen unter seinem Dach:

Direkt von CF Betroffene » CF-Kinder

» CF-Jugendliche » CF-Erwachsene

CF-Angehörige » Eltern » Eltern neudiagnostizierter Kinder » Lebenspartner » Geschwister » Verwaiste Eltern und Angehörige

» Selbsthilfegruppen (regionale Selbsthilfe und virtuelle Selbsthilfe) » ImBereichMukoviszidose tätige Behandler und Forscher » Spender, Förderer, engagierte Ehrenamtler, die breite Öffentlichkeit

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Teil B: Angebote und Wirkungen

(G-BA) zur Verbesserung der Versorgungs- und Lebensqua- lität und informiert die Öffentlichkeit über Missstände im Gesundheitssystem. Neben den hauptamtlichen Mitarbeitern lebt der Ver- ein vom Engagement seiner über 400 ehrenamtlich täti- gen Menschen. Viele von ihnen haben sich in regionalen Selbsthilfegruppen organisiert. Sie leisten wichtige Auf- klärungsarbeit, z.B. bei Eltern neudiagnostizierter Kinder, spenden Rat und Trost und sammeln Spenden, die den Pro- jekten des Mukoviszidose e.V. zugutekommen. Darüber hinaus gibt es Behandler-Gremien, in denen Ärzte, Forscher, Physiotherapeuten, Ernährungsberater, Pflege- personal u.a. daran arbeiten, die Verbesserung der Be- handlungsqualität für CF-Betroffene in ihrem Berufsfeld zu optimieren und bestehendes Know-how an nachwachsen- de Fachkräfte weiterzugeben.

CF und Beruf, erwachsene Betroffene, Ernährung, Trans- plantation, Sport, Sozialrecht, Altersvorsorge und Trauer- bewältigung durch. Durch finanzielle Zuschüsse aus sei- nem Unterstützungsfonds hilft er Betroffenen, die wegen ihrer gesundheitlichen Situation unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind, dabei, ein selbstbe- stimmtes Leben zu führen. Betroffene mit ungünstigem gesundheitlichem Verlauf aufgrund sozialer Problemla- gen werden durch Fachkräfte in der psychosozialen und sportwissenschaftlichen Beratung darin unterstützt, ihren Gesundheitszustand langfristig zu stabilisieren und ihre Lebensqualität zu steigern. Seit Herbst 2017 hat der Verein sein Unterstützungsangebot erweitert und begleitet fortan auch zur Transplantation gelistete Betroffene, die sich in schwierigen sozialen Lebenslagen befinden. Mithilfe von Spendengeldern organisiert der Verein gesundheitsstabi- lisierende Klimamaßnahmen, die die Lungenfunktion der Mukoviszidose-Patienten verbessern können und auch CF- Betroffenen zugutekommen, deren Lungen von antibiotika- resistenten Keimen befallen sind. Ein großer Teil der finanziellen Mittel des Vereins kommt der Forschungsförderung zugute. Hier legt das Mukoviszi- dose Institut, eine hundertprozentige Tochter des Muko- viszidose e.V., viel Wert auf Nachwuchsförderung und Pilotprojekte, die helfen sollen, Mukoviszidose als inter- essantes Forschungsgebiet sichtbar zu machen und neue Therapien entwickeln zu können. Dabei soll die Umsetzung von innovativen Ideen aus der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung vorangetrieben werden, damit Be- troffene möglichst zeitnah von neuen Erkenntnissen profi- tieren können. Durch die finanzielle Förderung klinischer Projekte unter- stützt die Mukoviszidose Institut gGmbH die Entwicklung neuer Medikamente. Unter „Klinischen Projekten“ werden alle Vorhaben verstanden, in denen im Rahmen einer klini- schen Studie eine neue Therapie-oder Diagnose-Methode getestet wird und aktiv Patienten für diese Untersuchung rekrutiert werden. Um die qualitätsvolle Versorgung von CF-Patienten zu er- halten und weiter zu verbessern, führt das Mukoviszidose Institut Zertifizierungen durch, die die Qualität der Muko- viszidose-Ambulanzen nach standardisierten Kriterien prü- fen. Durch die jährliche Herausgabe eines Berichtsbands zum Deutschen Mukoviszidose-Register gibt das Institut anhand von Behandlungsdaten Aufschluss über die Ver- sorgungssituation in den teilnehmenden Ambulanzen. Der Mukoviszidose e.V. betreibt aktive Öffentlichkeits- arbeit auf allen gängigen Kanälen, um die Krankheit Mukoviszidose und seine Hilfsangebote bekannter zu machen. Der Verein ist politisch aktiv, entsendet Pa- tientenvertreter in den Gemeinsamen Bundesausschuss

Sie alle arbeiten hart daran, dass Mukoviszidose einmal heilbar wird!

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Teil B: Angebote und Wirkungen

Ursachen-Folgekette

U R SA C H E N

Eltern wissen nicht, ob und wie lange ihr Kind mit der Krankheit leben kann. Denn Verlauf und Schwere von Mukovis- zidose sind individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Eltern wissen zunächst nicht, was sie bei der Behandlung ihres Kindes beachtenmüssen,

Fällt das Neu- geborenen Screening auf Mukoviszidose positiv aus, schlägt die mit der Geburt verbundene Freude in Hilflosigkeit um.

Als seltene Erbkrankheit ist Mukoviszidose im Vergleich zu sogenann- ten Volkskrankheiten wie Krebs oder Diabetes

da die Therapie- anforderungen bei Mukoviszidose komplex sind.

in der Bevölkerung nahezu unbekannt.

Eltern fühlen sich während des Diagnoseprozesses und nach der Diagnose ihres Kindes orientierungslos. P ROB L EMS T E L L U NG

Ungefilterte und unstrukturierte Suche nach Informationen (Halbwissen und falsches Wissen) führt dazu, dass Unsicher- heit zunimmt.

Einige Eltern fühlen sich aufgrund der emotionalen Über- forderung ihres Umfelds

Eltern bangen während des Diagnose-

Eltern haben Angst um die Zukunft ihres Kindes.

prozesses um die Gesundheit ihres Kindes.

allein gelassen und ziehen sich zurück.

N EG AT I V E F O LG E N

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Teil B: Angebote und Wirkungen

Unser Lösungsansatz

Eltern sind gut über die Krankheit und Therapie informiert und in der Lage, die Behandlung bestmöglich zu begleiten und in den Alltag zu integrieren. W I R K U NG SZ I E L

ZIELGRUPPE: Eltern neu- diagnostizierter Kinder

U N S E R E L E I S T U NG E N

Sozialrecht- liche und psycho- soziale Beratung durch den Mukoviszi- dose e.V.

Informationen zu Diagnoseprozess, zur Krankheit und Therapie sowie Be- handlungsstrukturen durch: Webseite, Literatur (Broschuren, Faltblätter), Elternseminare und Neudiagnoseseminare

Jährliche Auf- bereitung der im Deutschen Muko- viszidose Register dokumentierten, krankheitsrelevanten Zusammenhänge in laienverständlichen Patientenberichts- bänden.

Stärkung der Selbsthilfe durch die

Digitale Selbsthilfe (z.B. uber die APP muko. connect)

Jahres- und Selbsthilfe- tagung des Mukoviszi- dose e.V.

Koordi- nierung

von rund 60 regionalen Gruppen

Eltern fühlen sich durch den Austausch mit Gleichgesinnten gestärkt, denn sie wissen, dass sie mit der Krankheit nicht alleine stehen.

Eltern fühlen sich handlungs- fähig für den täglichen Umgang mit der Krankheit und wissen, wo sie sich Hilfe holen können.

Eltern sehen eine Zukunft für ihr Kind und lernen den Gesundheitszustand ihres Kindes selbständig einzuordnen.

P OS I T I V E F O LG E N

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Teil B: Angebote und Wirkungen

Ursachen-Folgekette

U R SA C H E N

Viele Betrof- fene wissen nur unzurei- chend daruber Bescheid, welche Unter- stutzungs- möglichkeiten ihnen rechtlich gegenuber öf- fentlichen Trä- gern zustehen.

Durch die Seltenheit der Erkran- kung und die Hygieneproble- matik werden persönliche Kontakte unter den Betroffenen und deren Angehörigen erschwert.

Familien sind rund um die Uhr fur die Betroffe- nen da und durch den Therapie- alltag stark gefordert.

Aufgrund der Schwere der Erkrankung sind viele Betroffene mit Her- ausforderungen wie Be- rufswahl, Partnerschaft, Kinderwunsch, Erwerbs- minderung, Berentung oder Folgekrankheiten wie Diabetes und Osteo- porose u ̈ berfordert.

Da einige Betroffene gesundheitsbedingt nur eingeschränkt arbeits- fähig sind, verfugen Sie nur uber geringe finanzielle Mittel, von denen sie auch krank- heitsbedingte Ausgaben bestreiten mussen.

Mukoviszidose-Betroffene und deren Angehörige und Lebenspartner benötigen häufig lebenslange Unterstützung, um ihr Leben mit der Krankheit gemeinsam bewältigen zu können. P ROB L EMS T E L L U NG

Ansprüche gegenüber Leistungs- trägern wie

Einige Betroffene mit sehr ausgeprägten CF-Symptomen fühlen sich durch die Mehrbelastung überfordert. Ihnen fällt es schwer, die notwendige Therapiemotivation dauerhaft und nachhaltig aufrechtzuerhalten.

Angehörige, Freunde und Lebenspartner

Betroffene in wirtschaftlich schwachen Familien oder früher Be- rentete geraten in finanzielle Notla- gen, vernachlässi- gen ihre Therapie und gefährden damit ihre weitere Gesundheit.

Betroffene und deren Angehörige sind im Umgang mit der Krank- heit auf sich allein gestellt.

haben anlässlich ihrer Dauerbean- spruchung nicht genügend Kraft, die Betroffenen zu unterstützen und vernachlässigen ihr eigenes Sozialleben.

Krankenkassen und/oder Ren- tenversicherun- gen werden nicht oder nur unzureichend geltend gemacht.

N EG AT I V E F O LG E N

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Unser Lösungsansatz

Mukoviszidose-Betroffene und ihr soziales Umfeld erhalten die notwendigen Kompetenzen, um ihr Leben mit der Krankheit bestmöglich zu gestalten. W I R K U NG SZ I E L

ZIELGRUPPE: Mukoviszidose- Betroffene, Angehörige, Lebenspartner und Freunde

U N S E R E L E I S T U NG E N

Das Interventionsprogramm muko.fit. hilft CF-Patienten mit einem besonders un- günstigen Krankheitsverlauf und schwierigen psycho- sozialen Lebensumständen, ihre Lebensqualität und ihren Gesundheitszustand zu verbessern.

Regionale und digitale Selbsthilfe, Seminare zu CF-relevanten Themen für Eltern, Angehörige und

Die Gesund- heitskosten- Soforthilfe und der Unter- stützungs- fonds des Mukoviszidose e.V.

Sozialrechtliche, psychosoziale und sportwissenschaft- liche Beratung und der Kreis der Anwälte im Mukoviszidose e.V.

Seminare zu den Themen CF und Beruf und finanzielle Absicherung

erwachsene Betroffene.

Betroffene und deren Familien/ Lebenspartner erlernen eine bessere Balance

Betroffene verfügen über die notwen- digen finanziellen Mittel, um ihre Therapie durch- führen zu können.

Betroffene und deren Angehörige können Leistungs-

Betroffene fühlen sich psychisch gestärkt für den Therapiealltag, denn sie wissen, dass sie mit der Krankheit nicht alleine stehen und Hilfe in Anspruch nehmen können.

Betroffene erhalten Kontakt zu Experten, die sich mit den Themen Arbeitsmarkt und finanzielle Vorsorge auskennen. Sie erkennen Möglichkeiten der Bezuschussung und lernen, wie sie sich früh finanziell absichern können.

ansprüche gegenüber

zwischen Therapie und Lebens- führung zu finden und

Kostenträgern erkennen und werden dabei unterstützt, diese erfolgreich durchzusetzen.

erlangen mehr Lebensqualität

P OS I T I V E F O LG E N

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Teil B: Angebote und Wirkungen

Ursachen-Folgekette

U R SA C H E N

Da in Deutschland jährlich nur 150–200 Kinder mit der seltenen Erbkrankheit geboren werden, gilt Mukoviszidose als seltene Krankheit.

Durch ihre Seltenheit wird der Krankheit Mukoviszidose seitens Politik, Forschung, Behandlern sowie der breiten Öffentlichkeit nur ein Bruchteil der Beachtung zuteil, den prominentere Volkskrankheiten wie Nierenerkrankungen oder Krebs erhalten. P ROB L EMS T E L L U NG

Forscher kennen nicht die Möglichkeiten, die ihnen das Forschungsgebiet Mukoviszidose bietet. Nachwuchs- forscher können schwieriger gewonnen werden.

Engagierte Unterstützer und Förderer, die durch Sammeln von Spenden den Fortbestand dringend benötigter Forschungs- und Unterstützungsprojekte für die Betroffenen sichern, können schwerer mobilisiert werden als bei den soge- nannten Volkskrankheiten.

Es stehen aufgrund des Fachkräftemangels immer weniger Fachkräfte wie Ärzte, Pflegefachkräfte, Physiotherapeuten, Psychosoziale Fachkräfte, Ernährungsberater und Sportwissenschaftler zur Verf gung.

Politische Entschei- dungsträger sind schwer zu sensibi- lisieren, dringend benötigte Versor- gungsstrukturen sicherzustellen.

N EG AT I V E F O LG E N

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Unser Lösungsansatz

Die Verbesserung der Versorgungsqualität für Mukoviszidose-Betroffene wird in der Öffentlichkeit,Politik, Presse- und Forschungslandschaft als wichtig eingestuft. W I R K U NG SZ I E L

ZIELGRUPPE: Journalisten, Nachwuchsforscher, Mukoviszidose-Behandler (Ärzte, Psychosoziale Fachkräfte, Physio-, Sport- und Ernährungs- therapeuten) , die breite Öffentlichkeit, Förderer, Entscheidungsträger in der Politik

U N S E R E L E I S T U NG E N

Aktive Pressearbeit, Maßnahmen zur Gewinnung neuer Fachkräfte und Sicherung der Versorgung durch Fachkräf- tegutachten und Durchführung öffentlichkeitswirksamer Kampagnen

Gewinnung von Spen- dern und Unterstützern durch aktives Fundraising

Betreiben eines Patientenregisters zur Bereitstellung und Auswertung gesundheitsbezo- gener Daten

Finanzierung von Forschungspro- jekten und Nach- wuchsförderung zum Thema CF

Gesundheits- politische Öffentlich- keitsarbeit

Ärzte, Pflege- und Psychosoziale Fachkräfte, Physio- therapeuten, Ernährungsbe- rater und Sport- wissenschaftler widmen Ihre berufliche Laufbahn dem Thema CF.

Menschen wissen über die Krankheit Mukoviszido- se Bescheid und sind in der Lage, Mitmenschen für die Situation der Betroffenen zu sensibili- sieren.

Menschen erklären sich gerne dazu bereit, die Forschungs-und Hilfsprojekte des Vereins finanziell oder durch eigenes Engagement zugunsten der Betroffenen zu unterstützen.

Informationen stehen Ärzten, Entscheidungs- trägern in Politik und Gesellschaft f r die Sicherung von Versorgungs- strukturen und Pharmaunter- nehmen f r die Entwicklung neuer Medikamente zur Verf gung.

Politiker setzen sich für eine auskömmliche Finanzierung der Mukoviszidose- Ambulanzen und die Schaffung bundesweiter Behandlungszen- tren für Menschen mit seltenen Lungener- krankungen ein.

Forscher neh- men die

Krankheit Mukovis- zidose als attraktives For- schungs- gebiet wahr.

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Ursachen-Folgekette

U R SA C H E N

Mukoviszidose ist eine genetisch bedingte Erkrankung. Es gibt verschiedene Ausprägungen, die sich in Schwere, Verlauf und Therapiemöglichkeiten unterscheiden.

Die seltene Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose ist nicht heilbar und hat sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe und eine hohe Therapielast. P ROB L EMS T E L L U NG

Über Jahre wiederkehrende Entzündungen zer- stören die Organe. Organtransplanta- tionen, wie etwa der Lunge, sind oft der letzte Ausweg.

Durch den gestörten Stoff- wechsel sind diverse Organe betroffen. Mit zunehmen- dem Alter kann es zu Folgekrankheiten wie z.B. Diabetes, Osteoporose, Krebs- und Gelenkerkran- kungen kommen.

Die hohe Therapielast und die Unheilbarkeit der Er- krankung führen zu einer hohen psychischen Belas- tung (Einbußen an Lebens- qualität) bei Betroffenen und deren Angehörigen

Fortschritte in der Medizin haben zu neuen Therapien geführt, von denen jedoch nicht alle Patienten profitieren.

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